Jemen:Bündnis der Aufständischen bröckelt

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Der Streit zwischen Huthi-Kämpfern und Anhängern des gestürzten Langzeitpräsidenten Saleh eskaliert.

Von Moritz Baumstieger, München

Die Militärkarten des Kriegslandes Jemen sind jetzt schon recht bunt: Im Osten zeigt eine große Fläche das Gebiet, das von den Truppen des ins Ausland geflohenen Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi beherrscht wird, der unter anderem von Saudi-Arabien unterstützt wird. Unterbrochen wird es durch einen größeren Fleck, in dem al-Qaida das Sagen hat, die Terroristen herrschen in schwer zugänglichen Gebirgstälern wie in Küstenregionen. Hier und da deuten schwarze Einsprengsel an, dass der sogenannte Islamische Staat auch in Jemen Metastasen gebildet hat. Und der bevölkerungsreiche Westen trägt wiederum eine andere Farbe, er wurde 2014 von einem Bündnis aus schiitischen Huthi-Rebellen und den Anhängern des gestürzten Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh überrannt.

Nun könnte dieses Gebiet mit der Hauptstadt Sanaa noch einmal in verschiedene Blöcke zerfallen: Am Wochenende eskalierte ein Streit zwischen den Huthi-Kämpfern und Saleh. Bei mehreren Schusswechseln starben am Samstag ein dem Ex-Präsidenten nahestehender Kommandeur und zwei Rebellen. Die Huthis werfen Saleh vor, hinter ihrem Rücken mit dem Feind zu verhandeln und bezeichneten ihn als "Verräter", der von hinten zum Dolchstoß ausholt. Der immer noch einflussreiche Saleh rief daraufhin seine Anhänger zu Großkundgebungen auf die Straßen.

Es herrscht eine Hungersnot - und auch eine Cholera-Epidemie fordert immer mehr Opfer

Sollte der Kleinkrieg zwischen den Gegnern der Exil-Regierung nun auch noch in einem größeren Konflikt münden, würde das die Versorgung der Zivilbevölkerung weiter erschweren. Schon jetzt ist die Lage in Jemen katastrophal, neben Kampfhandlungen fordern eine Hungersnot und eine Cholera-Epidemie mit mehr als 500 000 Infizierten immer mehr Opfer. Hilfsorganisationen ist es teils unmöglich, Zugang zu den leidenden Menschen zu finden, um das wenige zu verteilen, das trotz der Blockade durch die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition ins Land kommt.

Welche Auswirkungen das Zerwürfnis zwischen den Aufständischen auf die politische Entwicklung in Jemen haben könnte, ist unterdessen völlig offen. Die unter Aufsicht der UN geführten Verhandlungen zwischen der Exilregierung auf der einen Seite und dem Bündnis aus Huthis und dem im Zuge des Arabischen Frühlings 2012 gestürzten Saleh auf der anderen Seite ruhen seit 2014. Im folgenden Jahr griff Saudi-Arabien in den Bürgerkrieg ein, der junge Verteidigungsminister Mohammad bin Salman war sich sicher, mit der Luftwaffe einen schnellen Sieg erzwingen zu können.

Nun scheint der mittlerweile zum Kronprinzen aufgestiegene 31-Jährige die Lage anders einzuschätzen: In durchgestochenen E-Mails schreiben sich US-Offizielle, Mohammad bin Salam habe ihnen gegenüber davon gesprochen, dass er "raus will" aus Jemen und nach pragmatischen Lösungen suche. Eine Spaltung der Gegner durch Verhandlungen mit dem Ex-Präsidenten Saleh könnte durchaus dazu führen, dass Saudi-Arabien nicht länger Meldungen herausgeben muss wie am Samstag: Da übernahm Riad Verantwortung für 14 tote Zivilisten, die in Sanaa wegen "technischer Fehler" bei Bombenangriffen starben

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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