Trump-Regierung:Jared Kushners Stern sinkt

  • Jared Kushner gehört zu Dutzenden Mitarbeitern im Weißen Haus, die den Zugang zu hochgeheimen Informationen verlieren.
  • Für Trumps Schwiegersohn ist die Entscheidung von Stabschef John Kelly eine persönliche Niederlage.
  • Mehrere Nationen haben den Regierungsberater offenbar zudem als manipulierbare Schwachstelle identifiziert.

Von Johannes Kuhn, Austin

Diplomatische Beziehungen zu Mexiko und China, der Frieden zwischen Israel und den Palästinensern, die Modernisierung des Regierungsapparats. Irgendwann hatte Jared Kushner so viele Aufgaben, dass ihm US-Medien den Titel "Minister für alles" gaben. Und das, obwohl der 37-Jährige sich vor allem dadurch als hochrangiger Regierungsberater qualifizierte, dass er der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump ist.

Doch Kushners Stern sinkt und hat nun den vorläufigen Tiefpunkt erreicht, denn am Dienstag wurde in Washington eine mit Spannung erwartete Entscheidung von Trumps Stabschef John Kelly bekannt: Kushner verliert gemeinsam mit Dutzenden anderen Mitarbeitern des Weißen Hauses Zugang zu den größten Staatsgeheimnissen der USA.

Die Betroffenen konnten allesamt immer noch keine dauerhafte Sicherheitsfreigabe vorweisen, die in der Regel von einer Hintergrund-Überprüfung des FBI abhängig ist. Der Umgang mit fehlenden Freigaben hatte im Zuge der Affäre um Trumps entlassenen Stabssekretär Rob Porter zu massiver Kritik an Kelly geführt.

Konkret bedeutet dies, dass Kushner und Co. nun nur noch in als "geheim" klassifizierte Dokumente Einblick erhalten, nicht aber in "streng geheime" Informationen. Im Falle von Kushner gehört dazu auch das tägliche Geheimdienstbriefing, das sein Schwiegervater erhält. Die New York Times vermutet, dass nun auch Kushners diplomatisches Portfolio schrumpfen wird. Ein Anwalt Kushners dementierte dies.

Kushner als Sicherheitsrisiko

Kellys Entscheidung ist auch Teil eines Kampfes um Einfluss. Kushner hatte sich Medienberichten zufolge gegen die Herabstufung gewehrt, weil er sich persönlich für das Ziel dieser Maßnahme hält. Dass der US-Präsident intern laut über eine Entlassung Kellys nachdachte, soll einigen Quellen zufolge auch an den Einflüsterungen Kushners und seiner Ehefrau Ivanka Trump gelegen haben. Andere anonyme Mitarbeiter halten diese Darstellung jedoch für überzogen.

Donald Trump hatte am Freitag erklärt, er lasse seinem Stabschef freie Hand. Zugleich lobte er Kushner. Der Autor Michael Wolff berichtet in seinem umstrittenen Enthüllungsbuch "Fire and Fury", dass Trump seinem Schwiegersohn sogar das Amt des Außenministers zutrauen würde.

Bislang kann Jared Kushner in seinen Aufgabengebieten keine großen Erfolge vorweisen. Die von ihm unterstützte Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem hat den Nahost-Friedensprozess sogar zurückgeworfen. Zudem gilt er als mögliches Sicherheitsrisiko. Der New Yorker berichtete bereits Ende Januar von chinesischen Versuchen, den unerfahrenen Kushner zu beeinflussen. Der chinesische Botschafter habe in einem Vier-Augen-Gespräch dabei auch über die Geschäftsinteressen des Immobilienunternehmers Kushner geredet.

Nepotismus und undurchsichtige Geschäftsstrukturen

Kurz nachdem am Dienstag Kellys Entscheidung bekannt geworden war, veröffentlichte die Washington Post eine Recherche mit ähnlichem Tenor: Demnach hätten die Vereinigten Arabischen Emirate, China, Israel und Mexiko intern über Strategien diskutiert, Kushner zu manipulieren. Das Blatt beruft sich dabei auf Sicherheitskreise. Trumps Sicherheitsberater H. R. McMaster sei zudem vergangenes Frühjahr alarmiert gewesen, nachdem Kushner sich mit ausländischen Offiziellen getroffen hatte, ohne seine Abteilung zu informieren. Inzwischen halte er sich aber an das Protokoll.

Kushner ist übereinstimmenden Medienberichten zufolge bereits länger Teil der Russland-Ermittlungen. Sonderermittler Robert Mueller untersucht demnach vor allem Kushners vier Zusammenkünfte mit russischen Offiziellen und Kreml-nahen Figuren vor dem Amtsantritt von Donald Trump, die Kushner zunächst verschwiegen hatte. Inzwischen aber soll es auch um besagte Treffen mit Diplomaten anderer Nationen gehen.

Ein zentraler Faktor rund um die Ermittlungen sind die komplexen Geschäftsbeziehungen der familieneigenen Immobilienfirma, aus deren Tagesgeschäft sich Kushner seit Jobantritt im Weißen Haus zurückgezogen hat.

Unkündbar qua Familienzugehörigkeit

Die Kushner Company muss Anfang 2019 Kredite in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar refinanzieren, die sie wegen eines missglückten Immobiliengeschäfts in Manhattan hatte aufnehmen müssen. Auf der Suche nach Investoren war die Firma dabei laut Bloomberg auch in Saudi-Arabien, Katar, China, Südkorea, Frankreich und Israel aktiv. Aus der Gemengelage ergibt sich die Frage, ob Kushner als politischer Akteur aktiv private Geschäftsinteressen verfolgt, sich beeinflussbar oder gar erpressbar gemacht hat oder die beiden Sphären stets sauber trennte.

Dass der US-Präsident Kushner angesichts dieser Kontroversen und Interessenkonflikte entlässt, gilt als unwahrscheinlich. Wie Kushners Ehefrau und Präsidentenberaterin Ivanka Trump ist er als Familienmitglied nach der Trump'schen Logik unkündbar.

Stabschef Kelly soll sich bereits bei Vertrauten über die fehlenden Qualifikationen des Ehepaars beschwert haben und wird mit dem Urteil "Ivanka spielt Regierung" zitiert. Dass er länger als die beiden im Weißen Haus arbeiten wird, darf jedoch als ausgeschlossen gelten - und dies nicht erst seit dem Entzug des Geheimniszugangs.

Ivanka Trump: Beraterin oder Tochter?

Präsidententochter Ivanka Trump steht wegen ihrer Doppelrolle während der Reise zu den Olympischen Winterspielen nach Südkorea in der Kritik. Trump hatte in ihrer Funktion als offizielle Regierungsmitarbeiterin eine US-Delegation angeführt. In einem NBC-Interview wich sie einer Frage nach den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gegen ihren Vater Donald Trump aber mit der folgenden Begründung aus: "Das ist eine ziemlich unangemessene Frage an eine Tochter." Dass sie sich mit ihrem Rückzug auf die Tochter-Rolle kritischen Fragen entzieht, mit denen offizielle Berater ständig konfrontiert sind, halten wiederum einige Journalisten für unangemessen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: