Japan und die USA:Beziehung mit Missverständnissen

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Der wichtigste Pfeiler der US-japanischen Allianz ist das Militärbündnis. Washington garantiert Japans Sicherheit mit 36.000 Soldaten.

(Foto: AFP)

"Japan ist wieder da": So lautet die Botschaft von Premier Abe bei seinem Antrittsbesuch in Washington. Er versteht das Bündnis als Bollwerk gegen das aufstrebende China. Doch Obama hat bisher viel unternommen, um eine klare Parteinahme zu vermeiden.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Wenn Japans Premierminister Shinzo Abe am Freitag in Washington bei US-Präsident Barack Obama seinen lange ersehnten Antrittsbesuch absolviert, dann hat er eine simple Botschaft im Gepäck: "Japan ist wieder da." In einer programmatischen Rede will er am Donnerstag bereits versprechen, die amerikanisch-japanischen Beziehungen zu reparieren, die aus seiner Sicht Vorgänger Yoshihiko Noda beschädigt habe.

Richtig an Abes Botschaft ist vor allem eines: Japans alte Garde ist wieder da, die politische Elite, die das Land bis 2009 regiert hatte. Mit ihr sind allerdings auch die alten Missverständnisse der japanisch-amerikanischen Allianz zurückgekehrt. Und ein paar neue dazu.

Wie immer, wenn sich Staatsmänner der beiden Länder treffen, werden sie wie Obama im vergangenen Mai "die gemeinsamen Werte" beschwören. Die USA meinen damit die Demokratie, eine offene Gesellschaft, den freien Markt und den Rechtsstaat. Wenn japanische Politiker von der Werte-Gemeinschaft sprechen, dann formulieren sie auch mit Blick auf Peking: Es geht ihnen um die Ausgrenzung Chinas. Im Januar lobte Abe sogar im kommunistischen Vietnam reflexartig die "gemeinsamen demokratischen Werte". Im Angesicht des neuen Hegemons in der Region schwinden alle ideologischen Vorbehalte.

Japan zahlt für die Stationierung von US-Soldaten

Der wichtigste Pfeiler der US-japanischen Allianz ist das Militärbündnis. Washington garantiert Japans Sicherheit, dafür stehen 36.000 amerikanische Soldaten dauerhaft in Japan. Die Kosten dieser Stationierung trägt Japan. Allerdings stehen die US-Truppen dort nicht nur zur Verteidigung Nippons, sie projizieren Washingtons militärische Macht auch aufs asiatische Festland und stellen eine Kräfte-Verteilung sicher, die ohne ihre Präsenz vor allem auf der Insel Okinawa anders aussähe.

Washington drängt Tokio seit Jahren, mehr militärische Verantwortung zu übernehmen. Wie seine Vorgänger wird Abe das Obama zusichern. Geschehen wird dennoch wenig: Die Mehrheit der Japaner hegt ein tiefes Misstrauen gegen alles Militärische, zudem ist Abe auf die Komeito angewiesen, seinen buddhistischen pazifistischen Koalitionspartner.

Beunruhigter Blick auf Chinas Macht-Demonstration

Abe wird den USA auch versprechen, die Verlegung des Militärstützpunktes Futenma auf Okinawa voranzutreiben. Diese Verlegung wurde bereits 1996 beschlossen, lässt sich auf Okinawa aber ohne Gewalt nicht durchsetzen. Also geschah bisher nichts.

Japan gehörte zu den größten Profiteuren des Kalten Krieges. Vor der Küste des Fernen Osten Russlands, dem kommunistischen China und Nordkorea gelegen, dienten die US-Stützpunkte gleichsam als unsinkbare Flugzeugträger. Shinzo Abe ist ein Nostalgiker, sein Vater war Außenminister während des Kalten Krieges, sein Großvater der Architekt des heutigen Militär-Bündnisses mit den USA. Wenn Abe sagt, Japan sei wieder da, meint er auch Japans Rolle als Washingtons Juniorpartner. Dafür will er von Washington Rückendeckung für seine harte Haltung gegenüber China, Südkorea und Russland. Und gegenüber Nordkorea sowieso.

Obamas "Schwenk nach Asien"

Ob Washington ihm den Gefallen tut und die Offerte annimmt, ist indes alles andere als sicher. Die Regierung Obama hat bisher viel unternommen, um eine klare Parteinahme im Inselstreit mit China zu vermeiden. Gleichwohl zeigt Washington mit der Konzentration auf den Pazifik und dessen sicherheitspolitische Brennpunkte, dass es einer aggressiven chinesischen Nachbarschaftspolitik im Weg stehen wird.

In Peking wird der "Schwenk nach Asien", wie Obama die US-Politik im Westpazifik nennt, als Versuch verstanden, China einzudämmen. In Tokio wird indes versucht, dieser Politik eine eigene Deutung zu verpassen. Wenn Abe den Friedensparagrafen aus Japans Verfassung streichen will, dann auch, weil er glaubt, als Juniorpartner den USA zur Seite stehen zu können. Die Senkaku-Krise hat bereits dazu beigetragen, alte militärische Reflexe in Japan wie in China wiederzubeleben.

Kein Land will zwischen Peking und Washington wählen

Südostasien blickt beunruhigt auf Chinas Macht-Demonstration. Dennoch will kein Land zwischen Peking und Washington wählen müssen, keines will sich für die Eindämmung Chinas instrumentalisieren lassen. Sie wollen gute Beziehungen mit den USA und mit China, schon aus wirtschaftlichen Gründen. Abe dagegen möchte den Nachbarn gegenüber im Streit über die japanische Geschichte und die Inseln hart bleiben, aber wirtschaftlich mit ihnen zusammenarbeiten. Auf Druck der Industrie sendet er deshalb auch Signale des Ausgleichs nach Peking und Seoul.

Obama fand im Januar für Abe, den "engsten Verbündeten", keinen Termin, als der seine erste Auslandsreise nach Washington machen wollte. Nun verweigert er dem Premier die übliche gemeinsame Pressekonferenz. Sind das Signale? In Japan wird der Besuch genau studiert werden.

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