Japan:Ein bisschen mitdrohen

Donald Trump, Shinzo Abe

Einig gegen Nordkorea: Donald Trump und Shinzō Abe.

(Foto: Andrew Harnik/AP)

Japan will die Spannungen um Nordkorea nutzen, um aufzurüsten und den Friedens-Paragraphen zu umgehen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Japans Regierung und US-Präsident Donald Trump sind sich über Nordkorea "völlig einig", sagt Japans Premier Shinzō Abe. Und die Medien berichten stolz, Tokio sei schon vor dem Besuch des chinesischen Staatschefs bei Trump darüber informiert worden, dass der US-Präsident einen Präventivschlag erwäge. Obwohl Japans Verfassung zum Pazifismus verpflichtet, unterstützt Abe Trumps Drohgebärden explizit.

Im Gegensatz zur Mehrheit der Bevölkerung will der Premier den Friedens-Paragrafen abschaffen, die Spannungen um Nordkorea sollen ihm dabei helfen. Eine von Ex-Verteidigungsminister Itsunori Onodera geleitete Arbeitsgruppe, die Japans nächste Verteidigungsdoktrin formulieren soll, fordert die Stationierung des amerikanischen Raketenabwehrsystems Thaad und für die japanische Armee sogar das Recht zum Präventivschlag gegen Raketenbasen in Nordkorea. Letzteres verstößt selbst gegen Abes extrem lockere Auslegung der Verfassung. Auch für den Neubau einer US-Basis auf Okinawa liefert ihm Nordkorea Argumente.

Shinzō Abe hat sich nie um einen Dialog mit Pjöngjang bemüht

Japan liegt in Reichweite jener Raketen, die Nordkorea regelmäßig testet. Dass viele dieser Tests scheitern, erfahren die Japaner von ihrer Regierung freilich nicht. Im Gegenteil: Abe behauptete jüngst, Pjöngjang habe eine "Rakete neuen Typs" getestet. Kim Jong-un habe das gesagt. Die Rakete entpuppte sich als modifizierte Scud, eine Bodenrakete, die bereits in den 1950er-Jahren entwickelt wurde.

Nordkoreas Propaganda richtet sich kaum gegen Japan, sondern gegen Südkorea und Amerika. Sollte es zum bewaffneten Konflikt kommen, wären vor allem die US-Stützpunkte in Japan bedroht. Japan diente Nordkorea jahrzehntelang als Brückenkopf zur übrigen Welt, eine Fähre verkehrte regelmäßig zwischen dem nordkoreanischen Wonsan und dem japanischen Niigata. In den 1990er-Jahren verhandelten die beiden Länder über diplomatische Beziehungen. Die erschienen sogar noch möglich, nachdem Nordkorea 2002 zugegeben hatte, dass seine Agenten Japaner gekidnappt und nach Nordkorea verschleppt hatten. Abe hat sich jedoch nie um einen Dialog mit Pjöngjang bemüht, sondern schon als junger Politiker Nordkorea scharf attackiert.

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