Jamaika:Der Kanzlerin stehen schwierige Verhandlungen bevor

Nach der Bundestagswahl - CDU

"Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssten." Angela Merkel am Montag vor der Presse in Berlin.

(Foto: dpa)
  • Die SPD will in die Opposition, damit bleibt nur noch eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grüne.
  • Die Koalitionsverhandlungen dürften schwierig werden: FDP und Grüne sind unter anderem in der Umwelt- und in der Außenpolitik uneins.
  • Und in der Bildungs- und Zuwanderungspolitik treffen sich zwar FDP und Grüne, aber genau dort liegen die größten Unterschiede zur CDU und vor allem zur CSU.

Von Detlef Esslinger

In Berlin zeichnen sich Gespräche über eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen ab. Am Tag nach der Bundestagswahl war dabei jedoch ein mehrfaches Bemühen erkennbar: Politiker von FDP und Grünen wollten auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, ein solches Bündnis stehe schon so gut wie fest. Und SPD-Chef Martin Schulz wiederholte in mehreren Formulierungen seine Botschaft vom Sonntag: dass seine Partei auch dann nicht zu einer Koalition bereit sein werde, sollte Schwarz-Gelb-Grün nicht klappen. "Die Aufgabe, die wir haben, ist die der Opposition", sagte er.

Er grenzte sich damit erneut deutlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab. Sie hatte in ihrer ersten sowie in ihrer dritten Amtszeit mit der SPD koaliert, in ihrer zweiten mit der FDP - und sie wollte sich nun, vor ihrer wahrscheinlich vierten Amtszeit, nicht auf ein konkretes Bündnis festlegen. Daher sagte sie: "Alle Parteien, die aus unserer Sicht koalitionsfähig sind, haben die Verantwortung, dass es zu einer stabilen Regierung kommt." Damit meinte sie ausdrücklich FDP, Grüne und SPD.

Deren Vorsitzender Schulz äußerte sich jedoch so dezidiert ablehnend, als wolle er sich gar keinen Spielraum geben. "Die SPD wird in keine große Koalition eintreten", sagte er. In ihren unterschiedlichen Rollen pflegen Merkel und Schulz derzeit einen unterschiedlichen Begriff von Verantwortung: Während die Kanzlerin damit die Bildung einer Koalition forcieren will, versteht der Ex-Kanzlerkandidat darunter die Aufgabe, die Unterschiede zwischen den Lagern zu betonen: "Die SPD hat die Rolle, die Konfrontation zwischen der demokratischen Rechten und der demokratischen Linken sichtbar zu machen." Würden diese Unterschiede durch eine neue große Koalition verwischt, solle dies nur dem Machterhalt von Merkel dienen, würde aber der Demokratie schaden, sagte Schulz.

FDP und Grüne entstammen unterschiedlichen Lagern, daher kennen ihre führenden Vertreter die Skepsis in ihren Parteien vor einer Zusammenarbeit. Allerdings inszenierte sich nur der FDP-Chef als harter Unterhändler. Christian Lindner wurde am Montag auch zum Vorsitzenden der neuen Bundestagsfraktion seiner Partei gewählt, und er sagte, falls die FDP keinen Richtungswechsel durchsetzen könne, werde sie eine "seriöse, bürgerliche, staatstragende Adresse auf der Oppositionsbank" sein. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt hingegen ließ sich bereits auf Fragen ein, ob sie Ministerin werden will. "Dass im Regierungsfall ich dann in jedem Fall eine Rolle spielen will, das liegt auf der Hand", sagte sie. CDU-Chefin Merkel schlug die Wiederwahl von Unions-Fraktionschef Kauder vor. Verkehrsminister Alexander Dobrindt sagte, er wolle die Leitung der CSU-Landesgruppe übernehmen.

Da wo FDP und Grüne sich einig sind, liegen die größten Unterschiede zur Union

FDP und Grüne sind unter anderem in der Umwelt- und in der Außenpolitik uneins, in der Bildungs- und Zuwanderungspolitik hingegen nicht so weit auseinander. Dort aber liegen die größten Unterschiede zur CDU und vor allem zur CSU, unabhängig von Atmosphärischem. CDU und CSU waren am Montag mit ihrem wechselseitigen Verhältnis beschäftigt. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, die Union könne mit FDP und Grünen keine Sondierungen führen, solange sie zum Beispiel beim Thema Flüchtlingsobergrenze "nicht eine einvernehmliche Position" habe. Im CSU-Vorstand zeigte er sich etwas ratlos, wie er hier die CDU auf CSU-Linie bringen will.

Offen skeptische Bemerkungen kamen am Montag jedoch nur aus der zweiten Reihe von FDP und Grünen. "Mit FDP, CDU und insbesondere der CSU sehen wir derzeit mehr Trennendes als Einendes", erklärten die Landesvorsitzenden der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur und Sven Lehmann. Und ihr FDP-Kollege aus Thüringen, Thomas Kemmerich, brachte bereits Neuwahlen ins Gespräch. Er spielte darauf an, wie es FDP und SPD jeweils nach Koalitionen mit Merkel erging. "Wer sich mit dieser Kanzlerin ins Bett legt, kommt darin um", sagte er.

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