25 Jahre UN-Konvention:Kinder löchern Ministerin Schwesig

"Was tun, wenn Eltern zuschlagen?" Grundschüler haben zum Start einer Kampagne für Kinderrechte knifflige Fragen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wenn Kinder Fragen stellen zu ihren Rechten, kann es schon mal knifflig werden. Warum haben Kinder mit gebildeten Eltern eigentlich oft einen guten Schulabschluss und andere nicht so? Was tun, wenn Eltern zuschlagen? Warum haben manche Freunde nie Zeit, weil sie immer lernen müssen? Und warum dürfen Kinder nicht mitreden, wenn ihr Fußballplatz verkauft wird? "Dafür gibt es keine Unterschrift von der Ministerin", antwortet Manuela Schwesig, und im Notfall rufe sie auch mal in den Familien an, "dann erschrecken die Eltern manchmal, und dann quatsche ich mit den Kindern."

Mittwoch im Bundesfamilienministerium: auf Pappkartons sitzen Berliner Grundschüler und stellen Fragen. Die UN-Kinderrechtskonvention wird 25 Jahre alt, und der EU-Aktionstag zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt jährt sich, weshalb die Familienministerin mit Prominenten eine Kampagne für Kinderrechte startet. Kinder kennen ihre Rechte oft nicht, sagt Schwesig, und vielen Eltern sei nicht bewusst, welche Narben Gewalt hinterlasse. "Dass man unter Stress und Druck geraten kann in der Familie, kann nie ein Grund sein, Kindern Gewalt anzutun", so die Ministerin.

4233 Fälle von Kindesmisshandlung registrierte das Bundeskriminalamt 2014 in Deutschland. 2005 lag die Zahl deutlich niedriger, was auch an gestiegener Anzeigebereitschaft liegt. Im gleichen Jahr wurden der Polizei 12134 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch bekannt, Tendenz leicht sinkend. Hier dürfte die Dunkelziffer deutlich höher liegen. Zahlen zu Gewalt gegen Flüchtlingskinder, die besonders schutzlos sind, liegen noch nicht vor.

Aber nicht nur ums Recht auf Unversehrtheit geht es bei der Kampagne. Auch das Recht auf Bildung kommt zur Sprache und das auf Gleichbehandlung. Es bestehe nicht darin, den Geschirrspüler nicht ausräumen zu müssen, sagt Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes, sondern etwa darin, dass Kinder mit Behinderung mit allen anderen aufwachsen. Dann gibt es das Recht auf Freizeit und Erholung, zu dessen Feinden wohlmeinende Eltern gehören können, die die Freizeit ihrer Kinder restlos verplanen. "Bildung ist gut. Aber Bildung darf nicht dafür benutzt werden, Druck auszuüben", sagt Schwesig.

Fünf Prominente, unter ihnen Schauspieler Matthias Schweighöfer und Basketballer Dirk Nowitzki, unterstützen die Kampagne. Zu deren Start am Mittwoch aber tauchen nur zwei von ihnen auf. Tolle Sache, lassen die anderen ausrichten. Aber keine Zeit.

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