50 Jahre türkische Gastarbeiter:Viel mehr als Döner

Sprache, Essen, Lebensart. Seit 1961 leben Türken in der Bundesrepublik, sie sind hier nicht mehr wegzudenken. Vieles haben sie aus ihrer alten Heimat mitgebracht, ebenso viel in der neuen Heimat erfunden und geleistet. Wie Türken Deutschland reicher machen.

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Kabinenbesuch: Merkel hat sich laut DFB entschuldigt

Quelle: dpa

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Über den Bundestrainer Erich Ribbeck gibt es nicht viel Gutes zu sagen, am deutlichsten in Erinnerung bleibt das Hütchenspiel seines Assistenten Uli Stielike. Zur historischen Wahrheit gehört aber auch, dass sich erstmals unter dem Bundestrainer Ribbeck ein Türke für die deutsche Nationalmannschaft entschied: Mustafa Dogan absolvierte zwei Länderspiele als Einwechselspieler. Zwölf Jahre später gehören Gegenwart und Zukunft der deutschen Nationalmannschaft zum Teil Spielern türkischer Abstammung. Solchen, die schon jetzt unverzichtbar sind wie Mesut Özil, und solchen, die es noch werden wollen wie Debütant Ilkay Gündogan.

Tuerkisch-bayerische Beziehungen werden ausgebaut

Quelle: ddp

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Petersilie, türkisch Maydanoz, gibt es in Bündeln, dick wie ein Blumenstrauß, weil kein türkisches Gemüse- oder Fleischgericht ohne das Grünzeug auskommt. Rezepte kann man sich bei der türkischen Tante Emma, die meist ein Onkel Yusuf ist, auch abholen, und zwar selbst dann, wenn andere Geschäfte längst geschlossen sind. Im "Süpermarket" gibt es eigentlich alles - und dies fast zu jeder Zeit.

Gut besuchter Strand in Antalya nach Anschlägen

Quelle: picture-alliance/ dpa

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Schon vor den ersten Gastarbeitern kam der Student Vural Öger nach Berlin. Es dauerte nicht lange, da merkte der junge Mann aus Ankara, was den Deutschen fehlt: Sonne. Öger gründete ein Reiseunternehmen und erschloss seinen neuen Landsleuten ein unbekanntes Urlaubsland. So entdeckten die Deutschen nach der italienischen Adria die türkische Riviera und die Freuden von All-Inclusive-Ferien. In Antalya oder Alanya gefiel es dann vielen so gut, dass sie gleich ausgewandert sind. In den Orten an der türkischen Sonnenküste sind jetzt Deutsch sprechende Zahnärzte und Anwälte tätig, deren Eltern einst Gastarbeiter in Deutschland waren.

Wirbel um Döner-Werbung mit Merkel in Ukraine

Quelle: dpa

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1972 soll Kadir Nurman in der Berliner Hardenbergstraße die ersten Döner der Bundesrepublik geformt haben, mit Hackfleisch von Kalb und Rind, Zwiebeln, und grünem Salat. Mit den Jahren ist eine Industrie gewachsen mit 16.000 Buden, 60.000 Mitarbeitern, 3,5 Milliarden Euro Jahresumsatz. Das große Geschäft hat Nurman verpasst, und die Döner von heute schmecken ihm nicht mehr: "zu viele Zutaten".

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Quelle: IMAGO

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Einmal war ich von Istanbul auf Besuch in München. Ich wollte mir die Haare schneiden lassen, und ging in einen Salon im Glockenbachviertel. Dort starrten mich alle an: "Haben Sie einen Termin?" Der Eindringling, also ich, völlig verblüfft: Hä? Einen Termin? Hatte ich nach 15 Jahren im Service-Paradies Ausland völlig vergessen, dass deutsche Friseure eine Anmeldung verlangen. Wie Ärzte. Notare. Rechtsanwälte. Schließlich erbarmte sich einer: "Gehen Sie halt um die Ecke. Zum Türken." Und ich ging. Kam sofort dran. Blitzschnell, blitzsauber. Ohren- und Nasenbehaarung inklusive. Zehn Euro. Harika! Das ist türkisch für: Halleluja!

MASSAGE AUF DEM WARMEN STEIN

Quelle: DPA/DPAWEB

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"Ich verspürte nicht die geringste Versuchung, nur das kleinste Stück meiner Toilette abzulegen; überdies sah ich überhaupt keine Badewanne." Das schrieb der große Schweiger Helmuth von Moltke im 19. Jahrhundert über seinen ersten Besuch im Hamam. Heute schätzen viele Deutsche die angenehmen Temperaturen des türkischen Dampfbads - als Alternative zum überhitzten Kampfsaunieren.

MOOSLEITNER LUST

Quelle: AP

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Man könnte sich dem Einfluss türkischer Einwandererkinder auf die deutsche Jugendsprache theoretisch nähern, über die Koronalisierung des stimmlosen palatalen Frikativs. Man könnte aber auch sagen: "Isch mach disch Krankenhaus." Unter Experten ist umstritten, ob das Kiezdeutsch die Sprache der Jugend verdirbt oder über Umwege sogar verbessert. Sollte ersteres der Fall sein, sind die Deutschen im übrigen selbst schuld: Stilisiert und massentauglich wurde das Mischmasch durch Komiker wie Erkan und Stefan (Ingolstadt) oder den Abdul in Knockin' on Heaven's Door, gespielt von Moritz Bleibtreu (München).

Herbstklausur der Grünen

Quelle: dpa

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Wie weit Integration gehen kann, zeigt ein Spitzname Cem Özdemirs. Der "anatolische Schwabe" wurde in Bad Urach, Kreis Reutlingen geboren, seine Eltern waren als Gastarbeiter gekommen. Özdemir hat es neben Partei- und Türkei-Freundin Claudia Roth zum Bundesvorsitzenden der Grünen geschafft, mit Aygül Özkan (CDU) gibt es seit 2010 erstmals eine türkischstämmige Landesministerin.

© SZ vom 22.10.2011/cop/csc/ttt/lyb
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