60 Jahre Grundgesetz:Udo Jürgens statt Rolling Stones

Weil der pompöse Plan eines privaten Veranstalters auf Kritik gestoßen war, will die Regierung das Grundgesetzjubiläum bescheidener feiern.

Susanne Höll

Der kleine Arbeitsstab im Bundespresseamt der Bundesregierung hatte eine schwierige Aufgabe. In gerade einmal drei Monaten mussten sie die öffentliche Feier zum 60.Geburtstag der Bundesrepublik in Berlin organisieren. Für die Vorbereitung einer solchen Veranstaltung, zu der, je nach Wetterlage, 300.000 Leute kommen oder vielleicht auch eine halbe Million, braucht man gemeinhin ein Jahr.

60 Jahre Grundgesetz: Deutschland feiert, aber bescheiden mit "Anuschka" statt "Angie", Jürgens statt Jagger:

Deutschland feiert, aber bescheiden mit "Anuschka" statt "Angie", Jürgens statt Jagger:

(Foto: Montage: sueddeutsche.de)

Doch nachdem das üppige und unbezahlbare Konzept eines privaten Veranstalters überall auf Kritik gestoßen war und die Bundesregierung die Regie kurzentschlossen selbst übernommen hatte, blieb den Beamten nicht mehr Zeit. Nun steht nach Angaben der Planer das grobe Programm - die Sause fällt demnach deutlich kürzer, schlichter und bodenständiger, Firlefanz wurde gestrichen.

Gefeiert wird nur noch einen Tag lang: am 23. Mai, an dem in diesem Jahr auch die Wahl des Bundespräsidenten im Reichstag stattfindet. Ursprünglich war eine Drei-Tage-Party geplant, was vielen Politikern inmitten der Wirtschaftskrise deutlich zu lang erschien. Rechts und links vom Brandenburger Tor werden zwei Bühnen stehen, von denen aus die Schaulustigen von zehn Uhr bis 22 Uhr unterhalten werden - von Menschen, die man aus Funk und Fernsehen kennt.

TV-Moderator Thomas Gottschalk will 90 Minuten lang mit mehr oder minder prominenten Deutschen über die Zeitläufte reden und nimmt dafür, wie es heißt, kein Honorar. Katrin Müller-Hohenstein vom ZDF-Sportstudio präsentiert Gäste aus dem deutschen Sport, die Talkshow-Moderatorin Sandra Maischberger blickt auch filmisch zurück auf 60 Jahre Bundesrepublik. Udo Jürgens soll singen, Otto Waalkes ebenfalls, vielleicht auch der Deutschrocker Udo Lindenberg. Die Suche nach Musikern sei in der Kürze der Zeit schwierig gewesen, heißt es, weil viele Gruppen anderswo verpflichtet seien.

Der erste, private, Veranstalter hatte noch einen Auftritt der Rolling Stones in Aussicht gestellt, der nach Auskunft der neuen Planer aber wohl nie und nimmer zustande gekommen wäre. Es habe eine Anfrage an die Band gegeben, eine Antwort sei nicht bekannt.

Am Abend wird die Berliner Staatskapelle unter Leitung von Daniel Barenboim auf einer Bühne Beethovens Neunte Symphonie spielen. Wer vor dem Brandenburger Tor keinen Platz findet, kann sich alle Auftritte auf Großleinwänden entlang der Straße des 17. Juni anschauen.

Rundherum gibt es Infostände und Diskussionsrunden. Schriftsteller aus Ost- und Westdeutschland debattieren miteinander, eingeladen sind Nobelpreisträger Günter Grass sowie Christa Wolf. Zugesagt haben Uwe Tellkamp, Ingo Schulze und andere Autoren. Speisen und Getränke werden von bürgerlicher Art sein, Hummer und Champagner seien unerwünscht, heißt es. Den Bundesetat kostet die Feier etwa 3,5 Millionen Euro. Sponsoren aus der Wirtschaft gibt es nicht.

Beigelegt wurden auch die Verwerfungen, die die ursprünglichen Pläne ausgelöst hatten. Die Bundesländer beteiligen sich nun auch, ebenso das Bundesverfassungsgericht, das zunächst ganz vergessen worden war. Auftritte von Spitzenpolitikern sind bislang nicht geplant.

Am Jahresanfang hatten sich SPD-Politiker noch bitter beschwert, dass zwar Kanzlerin Angela Merkel und andere CDU-Politiker reden sollten, aber kein Sozialdemokrat. Derzeit drängt es Merkel dem Vernehmen nach nicht zu einem Auftritt, zumal sie womöglich bis zum frühen Abend im Reichstag mit der Bundespräsidentenwahl beschäftigt sein wird. Und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) will angeblich nur dann sprechen, wenn auch Merkel redet. Doch es könnte sehr gut sein, dass die beiden am Ende doch auf Gottschalks Bühne steigen.

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