30 Jahre Grüne im Bundestag:Erst ignoriert, später kopiert

Früher Bürgerschreck, heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Am 6. März 1983 wählten die Deutschen die Grünen erstmals in den Bundestag. Ein Rückblick auf drei Jahrzehnte voller Flügelkämpfe und politischer Kehrtwenden.

Von Kai Thomas

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Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen

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Früher Bürgerschreck, heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Am 6. März 1983 wählten die Deutschen die Grünen erstmals in den Bundestag. Ein Rückblick auf drei Jahrzehnte voller Flügelkämpfe, neuer Fraktionsspitzen und politischer Kehrtwenden.

Was ist grüne Politik? In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Bild der Partei radikal verändert. Beim Einzug der Grünen in das deutsche Bundesparlament spielen die Friedensbewegten neben Umweltschützern und Atomkraftgegnern noch die Hauptrolle. Dann vollziehen die Grünen - begleitet von heftigen innerparteilichen Flügelkämpfen -  in den Neunziger-Jahren einen überraschenden Wandel vom Bürgerschreck zur Regierungspartei. Mit ihrem Leitthema, dem Umbau der Bundesrepublik zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft, spricht die einstige Protestpartei im Bundestagswahlkampf 2013 nun vor allem die Mitte der Gesellschaft an.

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Bei der Bundestagswahl im Jahr 1983 erlangen die Grünen 5,6 Prozent der Stimmen. Kurz darauf marschiert das erste grüne Führungstrio der Grünen Bundestagsfraktion, Petra Kelly, Otto Schily und Marieluise Beck (von links), zum Parlament nach Bonn. Der spätere Innenminister Schily gehört zu den Gründungsmitgliedern der Grünen, 1989 wechselt er jedoch zur SPD.

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Rauschebart und Strickpullover: Die 27 Abgeordneten der ersten Grünenfraktion passen kaum in das damalige Bild eines Politikers. Von den anderen Abgeordneten werden sie deshalb häufig geschnitten und beleidigt. Bei den zwei Mandatsträgern im Bild handelt sich um den Maurer und Verkehrsexperten der ersten Fraktion, Dieter Drabiniok, und den Geografie-Professor Gert Jannsen.

Helmut Kohl nach seiner Wiederwahl zum Bundeskanzler im Bundestag, 1983

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"Herr Präsident, ich nehme die Wahl an." Helmut Kohl tritt am 29. März 1983 sein Amt als Bundeskanzler an. Hinter ihm sitzen die Grünen-Abgeordneten Petra Kelly und die erste grüne Fraktionschefin Marieluise Beck-Oberdorf (von links). Beck-Oberdorf antwortet kurz darauf als erste Grüne auf die Regierungsserklärung von Kohl. Sie sitzt heute immer noch für die Grünen im Bundestag ...

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... und ist die letzte Verbliebene der ersten Grünenfraktion. In ihrer ersten öffentlichen Fraktionssitzung brach die heute 60-Jährige in Tränen aus - weil sie von Otto Schily zurechtgewiesen worden war. Die studierte Lehrerin war später Ausländerbeauftragte der rot-grünen Regierung und Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium unter Renate Schmidt.

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Die Grünen befeuern ihren Ruf als Protestpartei auch im Bundestag: Während der Regierungserklärung von Kanzler Kohl entrollen die Abgeordneten Gaby Gottwald und Petra Kelly (von links) ein Transparent mit der Aufschrift: "Herr Kohl! Unterstützung der USA in Nicaragua heißt Mitschuld am Tod von Albrecht Pflaum". Pflaum, Arzt des Deutschen Entwicklungsdienstes, war in Nicaragua von Rebellen ermordet worden.

30 Jahre Grüne im Bundestag

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Legendär ist auch Joschka Fischers Satz: "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!" Mit diesen Worten reagierte der damalige Grünen-Abgeordnete bei einer Sitzung im Herbst 1984 auf Bundestagspräsident Richard Stücklen, der einer grünen Kollegin das Mikrofon abgestellt hatte.

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Mit der Wende fliegen die Grünen 1990 aus dem Bundestag. Bis 1994 schaffen es nur Vertreter des ostdeutschen Bündnis 90 ins Bonner Abgeordnetenhaus. Vor der Bundestagswahl 1994 schließen sich die Grünen und Bündnis 90 zu der neuen Partei "Bündnis 90/Die Grünen" zusammen. Sie erreicht 7,3 Prozent und 49 Mandate. Die neue Führungspitze feiert das Ergebnis am Wahlabend (von links): Ludger Vollmer, Jürgen Trittin, Heide Rühle, Marianne Birthler und Joschka Fischer.

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Die Grünen bereiten sich zwischen 1994 und 1998 intensiv auf die Regierungsarbeit vor und passen sich den etablierten Parteien an. Und es klappt: Bei der Bundestagswahl im September 1998 erhalten die Grünen 6,7 Prozent und ziehen mit 49 Vertretern in den Reichstag.

Der künftige Bundeskanzler Gerhard Schröder und der designierte Außenminister Joschka Fischer unterzeichnen am 20. Oktober 1998 schließlich den ersten rot-grünen Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Im Hintergrund lugt der damalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine über die Schulter von Schröder.

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Als Außenminister ignoriert Joschka Fischer urgrüne Ideale. Er übergeht die Idee von Gewaltlosigkeit und Pazifismus, als er sich im Jahr 1999 für den Nato-Einsatz im Kosovo ausspricht. Auf einem Sonderparteitag der Grünen in Bielefeld wird er dafür mit einem Farbbeutel attackiert.

MUELLER BECK BECK KUENAST

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Erster innenpolitischer Erfolg in der Regierung: Die Grünen feiern die gewonnene Abstimmung im Bundestag beim Lebenspartnerschaftsgesetz für homosexuelle Paare. Kerstin Müller, Volker Beck, Renate Künast und Marieluise Beck (von links) schneiden am 10. November 2000 gemeinsam im Berliner Reichstag eine Hochzeitstorte an.

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Von den Grünen auf den Weg gebracht, später von der CDU erst gekippt und dann kopiert: der Atomausstieg. Jürgen Trittin bringt als Bundesumweltminister das größte politische Ziel der Grünen unter Dach und Fach. Im Juni 2001 unterzeichnen die Vertreter der Energieunternehmen zusammen mit der Bundesregierung den Atomkonsensvertrag.

Grüne stellen Wahlkampagne vor

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Kreativer Wahlkampf, aber mit 51 Sitzen trotzdem kleinste Oppositionsfraktion: Bei der Bundestagswahl im Jahr 2005 verlieren die Grünen die Regierungsbeteiligung. Joschka Fischer verabschiedet sich ein Jahr später aus der aktiven Politik.

Die bisherige Spitze der Grünen im Bund

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Ihre Ausdauer verlieren die Grünen in der Opposition nicht. Die Spitzenkandidaten Renate Künast und Jürgen Trittin (von rechts) erreichen bei der Bundestagswahl 2009 genau 10,7 Prozent, bleiben aber in der Opposition.

Grüne-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl

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In den Bundestagswahlkampf 2013 starten die Grünen mit dem Spitzenduo Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt. Mehr als 35000 Mitglieder der Grünen hatten in einer Urwahl für eine neue Fraktionsspitze abgestimmt.

© Süddeutsche.de/beitz
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