Jacques Chirac:Hochs und Tiefs seiner Präsidentschaft

Atomtests, Vichy-Schuldbekenntnis und das Nein zum Irak-Krieg: Ein kurzer Überblick über Jacques Chiracs politische Karriere.

Jacques Chirac hat bald zwölf Jahre lang an der Spitze Frankreichs gestanden - länger als Republikgründer Charles de Gaulle. Zentrale Punkte seiner beiden Amtszeiten (1995 bis 2002 und 2002 bis 2007):

Mai 1995: Mit 62 Jahren wird Chirac zum Nachfolger von Staatschef François Mitterrand gewählt, gegen den er 1981 und 1988 vergeblich angetreten war. Im Stechen schlägt der Neo-Gaullist mit 52,6 Prozent der Stimmen den Sozialisten Lionel Jospin, der im ersten Wahlgang vor ihm gelegen hatte. Chirac verspricht, die "soziale Kluft" in Frankreich zu überwinden.

Juli 1995: Als erstes Staatsoberhaupt erkennt Chirac die Mitverantwortung Frankreichs für die Deportation und Ermordung von Juden im Zweiten Weltkrieg an. Im selben Monat verkündet Chirac die Wiederaufnahme der Atomtests im Südpazifik, die 1996 beendet werden. Paris tritt dem Teststoppvertrag bei und entwickelt seine Atomwaffen nunmehr am Computer.

1997: Chirac setzt vorgezogene Neuwahlen zur Nationalversammlung an. Statt des von ihm erhofften Rückenwindes für seinen angeschlagenen Premierminister Alain Juppé bringen sie einen Sieg der Opposition. Jospin wird Premier und bestimmt für fünf Jahre den innenpolitischen Kurs. Als wichtigste Reform setzt seine Linkskoalition die 35-Stunden-Woche durch.

2000: Per Referendum wird die Amtszeit der Staatschefs von sieben auf fünf Jahre verkürzt.

2002: Bei der Präsidentschaftswahl verpasst Jospin sensationell den erneuten Einzug in die zweite Runde. Gegen den Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen bestätigen die Franzosen Chirac mit überwältigender Mehrheit (82,2 Prozent) im Amt. Chirac verspricht Steuersenkungen und eine härtere Kriminalitätsbekämpfung. Seine neue Sammlungspartei UMP erhält bei den Parlamentswahlen eine komfortable Mehrheit.

2003: Mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Russlands Präsident Wladimir Putin zählt Chirac zu den entschiedensten Gegnern des Irak-Krieges in der internationalen Gemeinschaft.

2004: Bei den Regionalwahlen erleidet die UMP drastische Verluste: Erstmals seit 1981 gibt es unter den Wählern eine absolute Mehrheit der Linken. Symbolfigur des Erdrutsch-Sieges ist die Sozialistin Ségolène Royal, die in der Heimatregion von Premier Jean-Pierre Raffarin die Macht übernimmt. Chiracs Wunschnachfolger Juppé wird wegen einer Korruptions-Affäre aus gemeinsamen Zeiten im Pariser Rathaus verurteilt und scheidet aus dem Machtpoker aus. Chiracs Rivale Nicolas Sarkozy übernimmt die UMP-Spitze.

2005: Das Referendum zur EU-Verfassung bringt eine verheerende Niederlage. Fast 55 Prozent der Franzosen sagen "Non". Kritiker werfen Chirac vor, die Alltagssorgen der Menschen nicht zu verstehen. An die Spitze der Regierung setzt er ein Doppel aus Ex-Außenminister Dominique de Villepin und Innenminister Sarkozy. Im Herbst legen wochenlange Vorstadt-Krawalle Frankreichs soziale Probleme für die ganze Welt bloß. Chirac tritt in dieser schwersten Krise seiner Amtszeit kaum öffentlich auf.

2006: Der Chirac-Vertraute Villepin manvövriert sich mit einer Reform des Kündigungsschutzes ins politische Abseits. Chirac droht Terrorregimes mit gezielten Atomangriffen. Als Zeichen gegen historisches Unrecht würdigt er Frankreichs berühmtestes Justizopfer Alfred Dreyfus und setzt Veteranen-Renten für Weltkriegssoldaten aus den Ex-Kolonien herauf. Am Pariser Seineufer weiht Chirac ein Völkerkunde-Museum ein. Es gilt als einziger Großbau seiner Präsidentschaft.

2007: Die Regierung rechnet vor, dass bei Verkehrsunfällen in Frankreich seit 2002 gut 8500 Menschen weniger gestorben sind als im Vergleichszeitraum zuvor. Ein Rauchverbot am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden tritt in Kraft. Damit hat Chirac zwei der von ihm zur Chefsache erklärten drei "Baustellen" vorangetrieben: den Kampf gegen den Unfalltod auf der Straße und den gegen Krebstod durch Rauchen. Weniger Fortschritte kann er im Kampf gegen die Benachteiligung Behinderter vermelden.

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