Italiens einstiger EU-Kommissar Mario Monti:Anti-Berlusconi in Wartestellung

Mario Monti steht für alles, was Silvio Berlusconi nicht ist: Der langjährige EU-Kommissar repräsentiert jenes nachdenkliche, gebildete und international erfahrene Italien, das über die Bunga-Bunga-Ära fast in Vergessenheit geraten ist. Nun wird der Wirtschaftsexperte als möglicher Chef einer Technokraten-Regierung genannt - doch bislang hüllt sich "Super-Mario" in Schweigen.

Martin Winter

Wenn der Glaube Berge versetzt, dann ist Mario Monti der richtige Mann, um Italien aus dem Jammertal zu führen. Er "glaube", dass sein Heimatland es "selbst schaffen kann", sich aus dem immer enger werdenden Würgegriff der Euro-Krise zu befreien, versicherte jüngst der ehemalige EU-Kommissar, Wirtschaftswissenschaftler und jetzige Rektor der Mailänder Bocconi-Universität.

MONTI

Wird als künftiger Regierungschef Italiens gehandelt: Mario Monti

(Foto: AP)

Derzeit wird er als Chef einer aus Technokraten bestehenden Übergangsregierung in Rom gehandelt, nachdem Ministerpräsident Silvio Berlusconi seinen Rücktritt angekündigt hat. Jenen Berlusconi, den Monti mit feiner Ironie einen Premier nennt, "der nicht wirklich an Wirtschaftspolitik interessiert war".

Dass sich die Hoffnungen auf den 1943 in Varese geborenen Monti richten, ist kein Wunder. Er ist all das, was Berlusconi nicht ist: Er versteht viel von Wirtschaft, er verachtet parteipolitische Machtspiele und er hat Manieren. Er repräsentiert jenes nachdenkliche, gebildete und international erfahrene Italien, das über die Bunga-Bunga-Ära in Rom fast in Vergessenheit geraten ist. Hinter der scheuen Freundlichkeit eines klugen Akademikers verbirgt sich freilich auch ein anderer Monti: einer, der keiner Schlacht aus dem Weg geht, wenn er sie für wert hält, geschlagen zu werden.

Diese kämpferische Disposition hat ihm in dem Jahrzehnt, das er von 1995 bis 2004 in Brüssel verbrachte, den Beinamen "Super-Mario" verschafft. Denn als Wettbewerbskommissar legte er sich erst mit dem deutschen Kanzler Gerhard Schröder über einen kundenfreundlicheren Autovertrieb in der EU an und gewann. Anschließend zwang er deutsche Landesbanken, drei Milliarden illegale Staatszuschüsse zurückzugeben.

Dann nahm er sich den amerikanischen Industriegiganten General Electric (GE) vor, der sich für 42 Milliarden Dollar seinen heimischen Konkurrenten Honeywell einverleiben wollte. Monti sah darin einen Verstoß gegen das europäische Kartellrecht; am Ende musste GE klein beigeben. Microsoft ging es nicht besser. Monti belegte den Softwareriesen erst mit einer Kartellstrafe von 650 Millionen Dollar und zwang ihn dann, den media player von Windows zu trennen.

Monti wird auch in den USA respektiert

Seit diesen Kämpfen wird Monti, den man in Washington wegen der GE-Affäre anfangs für "völlig neben der Spur" hielt, auch in den USA respektiert. Das mag auch daran liegen, dass er nach seinem Wirtschaftsstudium an der Bocconi-Universität sein Promotionsstudium an der renommierten Yale-University absolvierte.

Dort lernte er übrigens bei Nobelpreisträger James Tobin, dem geistigen Vater der Finanztransaktionssteuer, über die nun in der EU als mögliches Instrument zur Zähmung der Finanzmärkte nachgedacht wird.

In der europäischen Umlaufbahn taucht Monti auch heute noch regelmäßig auf. Mal wird er um Rat gefragt, mal gewährt er ihn. Die europäische wirtschaftspolitische Denkfabrik Bruegel zählt ihn zu ihren Gründern. Ende 2005 lehnte er Berlusconis Angebot ab, Chef der italienischen Notenbank zu werden. Nun könnte er der Nachfolger des Mannes werden, dem er damals einen Korb gab. Aber als kluger Mann schweigt Monti zu allen Spekulationen.

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