Italien vor G8-Gipfel:Gegner starten Proteste

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Am Tag vor dem G8-Gipfel in L'Aquila haben Globalisierungsgegner erste Protestaktionen gestartet. Unterdessen kritisieren Diplomaten Italien wegen der chaotischen Organisation des Treffens.

Die Proteste gegen G8 haben begonnen: In Rom blockierten Demonstranten zeitweise die Auffahrt auf die Autobahn A24 in Richtung des Gipfelortes L'Aquila. Andere setzten im Zentrum der italienischen Hauptstadt Autoreifen in Brand. 36 Personen wurden von der Polizei vorläufig festgenommen - darunter auch zwei Deutsche.

In Rom geht die Polizei gegen erste Protestaktionen von G8-Gegnern vor. (Foto: Foto:)

Am späten Nachmittag sollte auf der Piazza Barberini im historischen Zentrum Roms ein größeres Sit-in von G8-Gegnern stattfinden. Mit Aktionen wurde außerdem an den Flughäfen Ciampino und Pratica di Mare bei Rom gerechnet, wo ein Teil der zum G8-Treffen erwarteten Staats- und Regierungschefs eintreffen sollte. In L'Aquila selbst, wo am Mittwoch der Gipfel beginnt, wurden fünf Franzosen in der Nähe der Sicherheitszone um den Tagungsort, mit Metall- und Baseballschlägern im Auto erwischt.

Kritik an chaotischer Organisation

In ganz Italien sind mehr als 15.000 Polizei- und Militärkräfte im Einsatz, um den Gipfel zu sichern. Beim letzten G8-Gipfel in Italien, 2001 in Genua, war die Polizei mit aller Härte gegen Proteste vorgegangen, ein Demonstrant war gestorben.

Die Globalisierungskritiker von Attac Deutschland organisieren erstmals seit Jahren keine Proteste gegen einen G8-Gipfel. Die G8 seien "mit der globalen Finanzkrise endgültig delegitimiert und bedeutungslos geworden". Aus diesem Grund konzentriere man seine Aktivitäten auf den G-20-Gipfel im September.

An der Organisation des G8-Gipfels in Italien ist unterdessen heftige Kritik aufgekommen. Diplomaten anderer Mitgliedsländer sind nach Angaben der britischen Zeitung Guardian so aufgebracht, dass sogar Spekulationen um einen Rauswurf Italiens aus der Gruppe umgingen. "Der G8 ist ein Club, und Clubs haben Mitgliedsbeiträge. Italien hat diese nicht bezahlt", zitierte die Zeitung einen EU-Diplomaten.

Die Amerikaner hätten in letzter Minute die Führung übernommen und Konferenzgespräche einberufen, um dem Treffen inhaltliche Bedeutung zu geben. "Die Vorbereitungen Italiens für den Gipfel waren von Anfang bis Ende chaotisch", kritisierte Richard Gowan vom Centre for International Cooperation in New York. Die italienische Regierung hätte seit Januar gesagt, dass sie keine Vision für das Treffen hätte und dass sie von den USA gerne Anweisungen annehmen würde.

Klima, Welthandel und internationale Krisen

Die Bundesregierung erwartet von dem Gipfel konkrete Fortschritte im weltweiten Klimaschutz und ein eindeutiges Bekenntnis zu einem freien Welthandel. In Regierungskreisen hieß es, man sei sich bereits im Vorfeld einig geworden, in die Abschlusserklärung eine Absage an Handelshemmnisse aufzunehmen.

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi
:Ein Mann, viele Fettnäpfchen

Silvio Berlusconi bezeichnete seine Heimat einst als "Scheißland" und sorgte zuletzt mit einem peinlichen Holocaust-Vergleich für Empörung. Es war nicht das erste Mal, dass der Cavaliere mit peinlichen Sprüchen, seltsamen Ideen oder diplomatischen Patzern Schlagzeilen macht.

über Silvio Berlusconi

Kanzlerin Angela Merkel will zudem erreichen, dass die G8 erstmals ein Bekenntnis abgeben, wonach die Durchschnittstemperatur bis 2050 um nicht mehr als zwei Grad verglichen mit dem vorindustriellen Zeitalter ansteigt. Weiterhin sollen langfristige Reduktionsziele in das Abschlussdokument hingeschrieben werden. Auch über die internationalen Krisen soll beraten werden, vor allem über die Linie zur Verhinderung einer iranischen Atombombe.

Am zweiten Tag werden die Staats- und Regierungschefs der aufstrebenden Wirtschaftsmächte China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika hinzukommen. Am Schlusstag reisen Vertreter vieler afrikanischer Länder an darunter auch Libyens Regierungschef Präsident Muammar al-Gaddafi, der lange auf internationalem Parkett isoliert war.

Wird Berlusconi wieder ins Fettnäpfchen treten?

Als Gastgeber des G8-Gipfels wird sich Silvio Berlusconi im Scheinwerferlicht sonnen können. Das Spitzentreffen in L'Aquila bietet dem italienischen Ministerpräsidenten eine schöne Abwechslung von den Skandalgeschichten, die ihn im Alltag verfolgen. Doch damit ist noch nicht gesagt, dass jegliche Peinlichkeiten ausbleiben. Die Auslandspresse hat angekündigt zum Gipfel pikante Fotos aus Berlusconis sardischem Luxus-Refugium zu veröffentlichen.

Zudem neigt der italienische Regierungschef dazu, ins Fettnäpfchen zu treten. Nicht ausgeschlossen, dass er sich wieder einen solchen Ausrutscher leistet wie damals, als er US-Präsident Barack Obama als "gut gebräunt" bezeichnete.

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