Italien:Terrorist tarnt sich als Flüchtling

  • Die italienische Polizei hat einen Terroristen der Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat festgenommen.
  • Er hatte sich unter eine Gruppe von 200 Flüchtlingen gemischt, die in Seenot gerettet wurden.
  • Die italienischen Geheimdienste halten ihn für besonders gefährlich, weil er mit Sprengstoff umgehen könne.

Von Oliver Meiler, Rom

Der italienischen Polizei ist es gelungen, einen tunesischen Terroristen mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu überführen, der unter Vortäuschung einer falschen Identität nach Italien einreisen wollte.

Ben Nasr Mehdi, 38 Jahre alt, hatte sich unter eine Gruppe von 200 Flüchtlingen gemischt, die am vergangenen 4. Oktober auf ihrer Schiffsreise von Libyen nach Lampedusa von der italienischen Marine aus Seenot gerettet wurden. Er gab sich als Mohamed Ben Sar aus und bezeichnete sich als "politisch Verfolgten". Er habe Verwandte im Norden Europas, sagte der Tunesier, man möge ihn doch bitte weiterziehen lassen.

Die Italiener waren von den tunesischen Behörden gewarnt worden und hatten Mehdis Ankunft schon erwartet. Dank der Fingerabdrücke, die sie vor einem Jahr in die Datenbank aufgenommen hatten, ließ sich seine wahre Identität schnell klären. Mehdi wurde zusammen mit drei Schleppern festgenommen und nach Tunesien zurückgebracht.

Ben Nasr Mehdi ist der erste bekannte Fall

Wie die Zeitung La Repubblica am Sonntag berichtete, hat Rom die Nachricht mit Absicht einige Tage zurückgehalten, um Panik zu vermeiden - und auch Panikmache. In jüngerer Vergangenheit hatte die rechtspopulistische, fremdenfeindliche Lega Nord immer wieder behauptet, an Bord der Flüchtlingsboote säßen "Scharen von Terroristen". Belegen ließ sich die These nicht, sie diente aber dem Parteichef der Lega, Matteo Salvini, zur Stimmungsmache. Ben Nasr Mehdi ist nun der erste bekannte Fall.

Die italienischen Geheimdienste halten ihn für besonders gefährlich, weil er mit Sprengstoff umgehen könne. Mehdi war 2008 im norditalienischen Novellara bei Reggio Emilia, wo er damals als Maurer arbeitete, gestellt worden. Die Polizei hatte sein Telefon abgehört und wurde dabei Zeuge, wie der Tunesier Männer, die er für den Dschihad im Irak und Afghanistan rekrutiert hatte, auf deren Reisen mit Ratschlägen und Kontakten versorgte.

In einem Fall saßen seine Entsandten in Damaskus fest und wussten nicht mehr weiter. Mehdi benahm sich am Telefon wie der Chef der terroristischen Zelle und wurde deshalb später zu sieben Jahren Haft verurteilt. Kaum hatte er die Strafe abgesessen, beschloss Italien, Mehdi der tunesischen Polizei zu überstellen. Er sollte nie mehr zurückkehren dürfen. So stand es jedenfalls in seinem Ausweisungspapier.

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