Italien:Berlusconi zu vier Jahren Haft verurteilt

Entscheidung im Mediaset-Prozess: Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist von einem Mailänder Gericht zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er soll "die Befehlskette" um den Steuerbetrug angeführt haben. Wegen einer Amnestie werden ihm jedoch drei Jahre erlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Silvio Berlusconi ist im Mediaset-Prozess schuldig gesprochen worden. Ein Mailänder Gericht verurteilte ihn am Freitag in erster Instanz zu einer Haftstrafe von vier Jahren. Drei Jahre werden ihm wegen einer Amnestie aus dem Jahr 2006 erlassen. Die Mitte-links-Regierung von Romano Prodi hatte die Regelung einst verabschiedet, um die überfüllten Gefängnisse des Landes zu entlasten.

Ob Berlusconi tatsächlich hinter Gitter muss, ist noch völlig ungewiss. Seine Anwälte kündigten an, in Berufung gehen zu wollen. Ob das Urteil in einem Berufungsprozess überhaupt rechtskräftig werden kann, ist offen, weil die Verjährungsfrist für die verhandelten Straftatbestände bereits im kommenden Jahr endet.

Das Gericht in Mailand folgte mit seiner Entscheidung an diesem Freitag in etwa dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und acht Monate Haft für Berlusconi gefordert hatte. Die Staatsanwaltschaft war zu der Überzeugung gelangt, dass Italiens ehemaliger Ministerpräsident eindeutig "die Befehlskette" um den Steuerbetrug bei seinem Unternehmen Mediaset angeführt habe. Außerdem trügen schwarze Kassen im Ausland Berlusconis "Fingerabdrücke".

Der ehemalige Ministerpräsident war einer von insgesamt elf Angeklagten in dem bereits vor sechs Jahren begonnenen Verfahren. Er soll über ausländische Tarnfirmen in den Jahren 1994 bis 1999 Filmrechte aufgekauft - und diese dann zu überhöhten Preisen an seine Firmen Fininvest und Mediaset wieder verkauft haben. Durch diesen Trick habe er es geschafft haben, die Gewinne seiner Firmen zu senken und den italienischen Fiskus zu prellen, argumentierte der Mailänder Staatsanwalt Fabio De Pasquale.

Berlusconi hatte wie bereits in anderen Prozessen wiederholt seine Unschuld beteuert. In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte er mit mehreren Gesetzen dafür gesorgt, dass das Mediaset-Verfahren, wie auch andere Prozesse gegen ihn, unterbrochen wurde. So hatte er zum Beispiel im Parlament ein Immunitätsgesetz durchgesetzt, das den vier höchsten Staatsdienern und damit auch dem Regierungschef selbst Immunität verlieh.

Das Verfassungsgericht erklärte das Immunitätsgesetz zwar später für verfassungswidrig - mit den wiederholten Unterbrechungen waren die Straftaten, die Berlusconi vorgeworfen wurden, aber näher an eine Verjährung herangerückt. Ein Umstand, der ihn auch vor dem Urteil retten könnte, das das Mailänder Gericht an diesem Samstag verkündet hat.

Berlusconi stehen jetzt noch zwei Berufungsebenen zur Verfügung, eine Haftstrafe müsste er erst nach einem endgültigen Schuldspruch antreten. Neben dem Ex-Regierungschef ist auch der US-amerikanische Produzent Frank Agrama verurteilt worden - zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Der Vorsitzende des Führungsgremium bei Mediaset, Fedele Confalonieri, wurde vom Gericht freigesprochen. Wie die Zeitung Corriere della Sera auf ihrer Internetseite berichtete, untersagte das Gericht Berlusconi außerdem die Ausübung öffentlicher Ämter.

Mediaset-Aktien fielen nach Bekanntgabe des Urteils um 2,2 Prozent. Berlusconi hatte vor zwei Tagen erklärt, er werde bei der Wahl im kommenden Jahr nicht erneut antreten.

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