Italien: Silvio Berlusconi:"Flüchtlingslager ähneln KZ"

Innenpolitisch geht Italiens Premier Berlusconi mit großer Härte gegen Einwanderer vor. Nun vergleicht er Immigrantenzentren seines Landes mit Konzentrationslagern - und widerspricht sich damit selbst.

Die Maxime "Keine Woche ohne rhetorische Auffälligkeit" scheint die Maxime von Silvio Berlusconi zu sein. Der italienische Ministerpräsident, der in der Vergangenheit dem SPD-Europapolitiker Martin Schulz attestiert hatte, in Filmen glaubhaft einen KZ-Aufseher verkörpern zu können, sorgte nun abermals mit seinen Aussagen für Aufsehen.

Barroso Silvio Berlusconi AFP

Berlusconi (rechts) und EU-Kommissionspräsident Barroso während ihrer Pressekonferenz.

(Foto: Foto: AFP)

Nun verglich der milliardenschwere Medienmagnat aus Italien die Immigrantenzentren seines Landes mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Daher sei es humaner, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer abzufangen und nach Libyen zu bringen, erklärte er an diesem Dienstag.

"Ich glaube, es ist viel einfacher, die individuelle Situation im Herkunftsland zu prüfen", sagte Berlusconi. "Andernfalls kommen sie hierher und landen in einem Lager, das - ich sollte das nicht sagen - einem Konzentrationslager sehr ähnlich ist."

Berlusconi machte die Bemerkung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der Respekt für die Rechte der Asylsuchenden einforderte.

Trotz der Proteste von Menschenrechtlern und der Vereinten Nationen hält Italien seit Wochen an seiner verschärften Abschiebepraxis fest.

Seit seinem Regierungsantritt vor gut einem Jahr hat der rechtskonservative Premier das Vorgehen gegen illegale Einwanderer verschärft. Hilfsorganisationen haben wiederholt die Zustände in den italienischen Auffanglagern für afrikanische Flüchtlinge kritisiert.

Die Zentren sind demnach hoffnungslos überfüllt und leiden unter miserablen hygienischen Bedingungen. In einigen Fällen sei es auch zu Misshandlungen durch Polizisten gekommen.

Noch im Januar hatte Berlusconi die Zustände in den Auffangunterkünften auf der italienischen Insel Lampedusa heruntergespielt. Damals waren Hunderte Migranten aus dem Flüchtlingslager ausgebrochen, um gegen die erbärmlichen Bedingungen zu protestieren.

Für Berlusconi war das damals alles halb so schlimm: Es stehe den Flüchtlingen jederzeit frei, ein Bier trinken zu gehen, so der Ministerpräsident nonchalant.

"Die auf der Insel ankommen, dürfen sich frei bewegen, es ist kein Konzentrationslager", sagte Berlusconi damals - ein klarer Widerspruch zu seinen aktuellen Ausführungen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: