Italien:Rettungsschiff festgesetzt

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Die Abgeordnetenkammer beschließt einen Marine-Einsatz in Libyens Gewässern. Mit Patrouillenfahrten will die Regierung so gegen Schlepper vorgehen. Zudem setzten die Behörden ein Schiff der NGO "Jugend Rettet" fest.

Von Andrea Bachstein, München

In Italien ist das Schiff der deutschen Hilfsorganisation "Jugend Rettet" beschlagnahmt und durchsucht worden. Italienischen Medien zufolge wurde es in der Nacht zum Mittwoch von Schiffen der italienischen Küstenwache gestoppt und zu einer Kontrolle in den Hafen der sizilianischen Insel Lampedusa geleitet. Wie unter anderem die Zeitung La Repubblica berichtete, ordnete die Staatsanwaltschaft der Provinz Trapani die Durchsuchung der 33 Meter langen Iuventa an. Demnach bestehe der Verdacht der Staatsanwaltschaft gegen den Kapitän, er habe Beihilfe zu illegaler Einreise geleistet. Die Besatzung wurde nach Angaben von "Jugend Rettet" befragt. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) habe aber keine Information erhalten, dass gegen sie Ermittlungen im Gange seien. Sie gehört zu den NGOs, die im Mittelmeer Migranten und Flüchtlinge bergen, die mit Schleuserschiffen von Libyen nach Italien aufbrechen.

Ersten Berichten über die Beschlagnahmung der Iuventa hatte "Jugend Rettet" mit der Aussage widersprochen, es habe sich lediglich um Routinekontrollen gehandelt. Auch Lampedusas Hafenkapitän, Paolo Monaco, sagte italienischen Medien, es gehe um eine Routinekontrolle. Sollten die Dokumente belegen, dass die Iuventa und die Besatzung alle Voraussetzungen erfüllen, könnten sie Lampedusa verlassen. Zwei syrische Flüchtlinge, die auf See von einem italienischen Marineschiff übernommen worden waren, wurden in das Aufnahmezentrum der Insel gebracht.

Der Vorgang ereignete sich, nachdem sich am Montag mehrere NGOs geweigert hatten, einen von Italiens Innenministerium vorgelegten Verhaltenskodex zu unterzeichnen, unter ihnen "Ärzte ohne Grenzen" und "Jugend Rettet". Mit den Regeln will Italien die Aktivitäten der NGOs kontrollieren und ordnen, die am Rande der libyschen Hoheitsgewässer operieren. Ihnen wurde von verschiedenen Seiten vorgeworfen, sie würden mit ihren Einsätzen den Schleppern in die Hände arbeiten. Rund 95 000 Migranten und Flüchtlinge sind dieses Jahr bisher über die Zentrale Mittelmeerroute nach Italien gelangt, die NGOs haben mehrere Zehntausende von ihnen geborgen. Sie bringen sie entweder direkt in italienische Häfen oder übergeben sie anderen Schiffen. Letzteres dürfen sie nach dem neuen Kodex nur noch, wenn die Seenotrettungszentrale dies anordnet. Er verlangt zudem unter anderem den Nachweis, dass die NGO-Schiffe und ihre Mannschaften geeignet für die Einsätze sind und dass auf Verlangen italienische Polizei an Bord genommen werden muss. Die Schiffe dürfen keinesfalls in libyschen Hoheitsgewässern unterwegs sein, die NGOs sollen zudem ihre Finanzierung offenlegen. Die italienischen Behörden hatten angekündigt, dass sie Maßnahmen gegen NGOs ergreifen könnten, die sich nicht an diesen Kodex halten.

Ebenfalls am Mittwoch stimmten das italienische Abgeordnetenhaus und der Senat für den Regierungsbeschluss, die Küstenwache Libyens mit italienischen Schiffen zu unterstützen, die auch in Libyens Zwölf-Meilen-Zone operieren dürfen. Darum hatte Libyen Italiens Premier Paolo Gentiloni vergangene Woche gebeten.

Infolge des Bürgerkriegs gibt es in Libyen kaum funktionierende Grenzkontrollen und keine Überwachung der Küsten, weshalb Schlepper bisher weitgehend unbehelligt agieren und Migranten in ungeeigneten Booten losschicken konnten. In diesem Jahr sind bei versuchten Mittelmeerüberquerungen schon 2200 Menschen um gekommen.

Anders als Italien hat die EU bisher nicht die Erlaubnis erhalten, in Libyens Hoheitsgewässern mit Militärschiffen gegen illegale Migration vorzugehen.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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