Italien: Kommunalwahlen in Mailand und Neapel:Denkzettel für Berlusconi

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Silvio Berlusconi suchte in den Kommunalwahlen Bestätigung für seine Politik - doch die Bürger watschen Italiens Premier an der Wahlurne ab. Linke Politiker erobern neben anderen Städten auch Mailand, Heimatstadt und bisher Hochburg des Cavaliere. Seinen eigenen Kandidaten war er im Wahlkampf nur noch peinlich.

Andrea Bachstein, Rom

Bei den Stichwahlen um die Bürgermeisterposten in Mailand und Neapel hat die Partei PDL von Italiens Premier Silvio Berlusconi deutliche Niederlagen erlitten. Die Abstimmung galt als wichtiger Stimmungstest für die Regierung in Rom.

Italiens Linke jubelt: Neuer Bürgermeister der Berlusoni-Hochburg Mailand ist Giuliano Pisapia. Seine Anhänger verfolgen euphorisch die Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen. (Foto: AP)

In der seit 18 Jahren konservativ regierten Wirtschaftsmetropole Mailand steht nun ein Machtwechsel bevor. Der Kandidat der Mitte-links-Partei PD, Giuseppe Pisapia, siegte dort nach der Auszählung der Stimmen mit 55,1 Prozent. Die bisherige PDL-Bürgermeisterin Letizia Moratti erreichte nur 44,9 Prozent.

Sieger in Neapel, der größten Stadt des Südens, ist Luigi De Magistris; er erzielte 65,4 Prozent der Stimmen. Der Europaabgeordnete und ehemalige Richter gehört der zur linken Mitte zählenden Bürgerrechtspartei IDV an, die einen scharfen Anti-Berlusconi-Kurs fährt. Der PDL-Politiker Gianni Lettieri erreichte nur 34,6Prozent der Stimmen. Insgesamt fanden die Stichwahlen in 83Städten statt.

Die klare Abkehr der Mailänder Wähler von Berlusconi und seiner PDL signalisiert der Opposition zufolge eine größere politische Trendwende in Italien. So waren Kandidaten der PD unter anderem auch in Triest und der sardischen Hauptstadt Cagliari erfolgreich, wo bisher Mitte-rechts-Bürgermeister regierten. Berlusconi selbst hatte die Wahlen in seiner Heimatstadt zum Plebiszit über seine Politik erklärt.

Doch sein aggressives Auftreten vor dem ersten Wahlgang hatte sich als schädlich erwiesen. Seither ist in seiner Partei die Nervosität gewachsen. Genauso wie die Unzufriedenheit über den Premier bei der Lega Nord, seinem Koalitionspartner in der römischen Regierung. In der PDL streiten immer offener verschiedene Strömungen über die künftige Organisation und Ausrichtung der Partei, die bisher vollkommen auf Berlusconi zugeschnitten ist. Bereits die erste Runde der Kommunalwahl hatte aber offenbart, dass der von seinen Skandalen und Prozessen belastete Berlusconi mit seinen ständigen Ausfällen gegen die Justiz kein sicheres Zugpferd mehr darstellt.

Missfallen hatte zuletzt in den eigenen Reihen erregt, dass der Premier sich beim G-8-Gipfel bei US-Präsident Barack Obama über eine "Diktatur linker Richter" in Italien beschwert hatte. Eine soeben erst ernannte Staatssekretärin war daraufhin aus Protest zurückgetreten. Auch bei der Lega Nord schwindet das Vertrauen in Berlusconi. Dass ihr lange stetiger Zuwachs bei den Kommunalwahlen gestoppt wurde, lastet sie dem Premier an. Aus ihren Kreisen berichten italienische Medien, sie verlange von Berlusconi, dass der 74-Jährige einen Kandidaten für seine Nachfolge benennt. Anderenfalls werde die Lega nicht mehr gemeinsam mit ihm zu Wahlen antreten.

Moratti hatte sogar gefordert, dass ihr der Parteichef beim Stichwahlkampf nicht mehr in die Quere kommen möge. Auch in Neapel soll der Bürgermeisterkandidat der PDL gebeten haben, Berlusconi solle sich dort vor dem zweiten Wahlgang besser zurückhalten. Der Ministerpräsident hatte sich in der bisher von der PD regierten Stadt am Golf ebenfalls persönlich vor der ersten Wahlrunde stark engagiert. Ungewöhnlich oft war der Parteichef dort mit vielen Versprechungen aufgetreten.

© SZ vom 31.5.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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