Italien:Berlusconis Sparpaket, Version vier

Für den italienischen Regierungschef sind es "enorme Opfer": Um 54 Milliarden soll der Haushalt bis 2013 entlastet werden. Nach wochenlangem Streit und Kritik an Berlusconis Führungsfähigkeit hat er im Senat jetzt doch Zustimmung für sein Sparpaket bekommen. Auch der spanische Senat stimmt für eine Schuldenbremse. Die Hoffung beider Länder: Endlich das Vertrauen der Märkte wieder zu erlangen.

Andrea Bachstein, Rom

Der italienische Senat hat am Mittwochabend den milliardenschweren Sparplänen der Regierung zugestimmt. Mit 54 Milliarden Euro soll der Haushalt bis 2013 entlastet und ausgeglichen werden. Der Plan, von der Regierung mit einer Vertrauensfrage verknüpft, bekam die Stimmen von 165 Abgeordneten. 141 Parlamentarier stimmten dagegen, drei enthielten sich. Der Entschluss fiel gerade noch rechtzeitig vor der Sitzung der Europäischen Zentralbank an diesem Donnerstag, die Italien konkrete Vorgaben gemacht hatte. Das Defizit des Landes liegt bei 1900 Milliarden Euro.

Von der EU-Kommission wurde Rom gelobt, auch Ministerpräsident Silvio Berlusconi sprach von "enormen Opfern". Seine Regierung muss nun eilig Vertrauen auf den Märkten schaffen und den Druck auf die italienischen Staatstitel bremsen. In den kommenden Tagen soll das Sparpaket die nächste Hürde im Abgeordnetenhaus nehmen.

Die römische Koalition hat in der Sommerpause wochenlang um die Haushaltsgesetze gestritten und viel Zeit verloren. Weder Berlusconis PDL noch die Lega Nord wollte ihre Wähler verprellen. Das Hin und Her bei den Verhandlungen hat Zweifel im In- und Ausland lauter werden lassen, ob der ohnehin durch Prozesse und Affären angeschlagene Berlusconi noch führungsfähig ist.

Getrieben von den Börsencrashs

Die nunmehr vierte Fassung des Sparpakets binnen gut drei Wochen ist wohl auch unter dem Eindruck der Börsencrashs der vergangenen Tage entstanden. Nun soll die Mehrwertsteuer von 20 auf 21 Prozent steigen, was dem Staat jährlich 4,2 Milliarden Euro mehr bringen soll. Das Rentenalter für Frauen soll früher als geplant auf 65 Jahre steigen und eine Sonderabgabe von drei Prozent hohe Einkünfte besteuern. Dies soll nun schon ab 300.000 Euro Jahreseinkommen gelten, 34.000 Steuerzahler sind betroffen. Berlusconi hatte eine "Reichensteuer" zunächst vermeiden wollen. Dennoch halten Opposition und Gewerkschaften das Sparpaket für ungerecht, weil Arbeitnehmer und öffentliche Angestellte den größten Teil der Last tragen.

Die Kürzungen treffen auch Gemeinden und Regionen hart, deren Zuschüsse aus Rom gekürzt werden. Ganz kleine Kommunen sollen aufgelöst werden, und langfristig auch die Landkreisen ähnelnden Provinzen. Die Gehälter der öffentlichen Angestellten bleiben eingefroren, Staatsapparat und Verwaltung sollen abgebaut, Staatseigentum privatisiert und die Jagd auf Steuersünder verschärft werden - dazu hat die EU-Kommission Italien nachdrücklich aufgefordert. Einzig die geplanten Kürzungen der Parlamentarierbezüge wurden in aller Stille wieder reduziert.

In Spanien hat unterdessen nach dem Abgeordnetenhaus auch der Senat für eine Schuldenbremse in der Verfassung gestimmt. 233 von 262 Senatoren votierten am Mittwoch dafür, drei dagegen. Spaniens Schuldenbremse sieht keine spezifische Schuldenhöhe vor, sondern bezieht sich auf das strukturelle Staatsdefizit - die um Konjunktureffekte bereinigte Lücke zwischen Staatseinnahmen und -Ausgaben. Dieses darf über den Konjunkturzyklus hinweg 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht übersteigen.

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