Italien:Berlusconi will Justizreform - um Silvio zu helfen

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Seit die Immunitätsgesetze einkassiert wurden, steht Berlusconi unter Druck. Jetzt will er Verjährungsfristen verkürzen, um Prozessen zu entgehen.

Andrea Bachstein, Rom

Italiens Premierminister Silvio Berlusconi hat bei seinen angestrebten Reformen im Justizbereich nur einen Teilerfolg erzielt. Die Dauer von Prozessen soll für jede der drei Instanzen auf maximal zwei Jahre befristet werden. Danach soll eine Verjährung eintreten. Darauf einigten sich der Regierungschef und Parlamentspräsident Gianfranco Fini.

Reichster Mann Italiens und gleichzeitig Regierungschef: Silvio Berlusconi (Foto: Foto: dpa)

Der entsprechende Gesetzesvorschlag soll möglicherweise schon an diesem Donnerstag dem Senat präsentiert werden. Wegen Prozessen, die ihm selbst drohen, steht Berlusconi unter großem Druck, seit Italiens Verfassungsrichter Anfang Oktober die Immunitätsgesetze verworfen haben.

Berlusconis Juristen in höchster Eile

Der Regierungschef hatte weiter reichende Gesetzesänderungen verlangt. Er wollte kürzere Verjährungsfristen für viele Delikte. Nur dies hätte ihn mit Sicherheit vor laufenden und künftigen Verfahren geschützt. Berlusconis Juristen hatten in höchster Eile immer neue Formulierungen erarbeitet.

Dies war von heftigen politischen Auseinandersetzungen begleitet.

Dass Berlusconis Pläne kaum durchsetzbar sein würden, zeichnete sich bereits in der hektischen Sondierungsphase ab. Entsprechende Signale kamen von Staatspräsident Giorgio Napolitano und der Richterschaft, vor allem aber widersetzte sich Parlamentspräsident Fini. Das Hauptargument dagegen, die Verjährung von Delikten zu verkürzen, ist, dass Hunderttausende Verfahren ohne Urteil eingestellt werden müssten.

Kommt es zur Begrenzung der Prozessfristen, würde Regierungschef Silvio Berlusconi auf jeden Fall dem "Mediaset-Prozess" entgehen. Das Verfahren um den illegalen Handel des Berlusconi-Konzerns mit Fernsehrechten wäre am 21.November 2009 verjährt.

Ausnahme für Mafia- und Terrorismusdelikte

Sehr wahrscheinlich würde der Premier auch dem Prozess wegen der Bestechung des britischen Anwalts David Mills entkommen. Mills wurde in zwei Instanzen verurteilt, weil er Geld dafür nahm, zugunsten Berlusconis falsch auszusagen.

Der ebenfalls angeklagte Berlusconi war bis Oktober wegen der bis dahin gültigen Immunität geschützt. Es ist noch unklar, ab welchem Zeitpunkt eine Verjährungsfrist gemäß der neuen Regelung berechnet würde - vom Prozessbeschluss an oder erst vom ersten Verhandlungstag an.

Der Mills-Prozess gegen Berlusconi wäre spätestens am 13. März 2010 verjährt. Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Premier vorher im Gericht erscheint. Vor einem erwarteten dritten Verfahren bliebe Berlusconi ungeschützt, es geht dabei um die Bilanzen von Mediaset. Doch hier laufen die Ermittlungen noch.

Das anvisierte Gesetz sieht vor, dass ein Prozess höchstens sechs Jahre dauern kann, wobei jede der drei Instanzen auf zwei Jahre begrenzt bleibt. Dies würde für Delikte gelten, bei denen die Höchststrafe nicht über zehn Jahren liegt und wenn der Beschuldigte nicht vorbestraft ist.

Ärger über Fini

Ausgenommen sollen Mafia- und Terrorismusdelikte sein. Laufende Verfahren würde die Regelung nur betreffen, sofern sie bei Inkrafttreten des Gesetzes in der ersten Instanz sind. In Italien dauern Prozesse länger als in anderen europäischen Ländern, besonders im Zivilrecht. Die Zeitung Il Messaggero nannte eine Durchschnittsdauer von 116 Monaten.

Der Kompromiss zwischen Berlusconi und Fini wurde am Parlamentssitz bei einem zweistündigen Gespräch erzielt, das nach Schilderungen lautstark verlief. Die Spannungen zwischen dem Premier und Vorsitzenden der Partei Popolo della Liberta (PDL) und dem Parlamentspräsidenten sind nicht beseitigt.

Seit Wochen hatte Berlusconi sich über Fini verärgert geäußert; dem Premier nahestehende Medien hatten Fini attackiert. Er gehört auch der PDL an und gilt als Rivale und potentieller Nachfolger Berlusconis.

Wiederholt hat er den Premier zur Mäßigung gemahnt bei dessen wütenden Angriffen auf die Justiz. Berlusconis Pläne für eine weitreichende Justizreform bremst Fini immer wieder mit Hinweis auf die Verfassung und die Unabhängigkeit der Richter. In zwei Punkten zeigte Fini Berlusconi bei der Aussprache Entgegenkommen.

Er sagte, man könne über die Wiedereinführung der Immunität für Abgeordnete sprechen und über die Überlegung, den Regierungschef künftig direkt wählen zu lassen.

© SZ vom 12.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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