Israels Reaktion auf US-Friedensbemühungen:Netanjahu unterbricht Neubau von Siedlungen

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Hunderte Bauaufträge für neue Siedlungen in den Palästinensergebieten wollte Netanjahu genehmigen. Im Moment scheint Israels Regierungschef allerdings eine andere Linie zu fahren - doch auch sie könnte zeitlich eng begrenzt sein.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den weiteren Ausbau jüdischer Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten eingefroren. Dies berichteten die Friedensgruppe Peace Now sowie mehrere israelische Medien und Nachrichtenagenturen.

Netanjahu habe Wohnungsbauminister Uri Ariel von der den Siedlern nahestehenden Partei Jüdisches Heim angewiesen, Ausschreibungen für Neubauprojekte zu stoppen, berichtete der Armeerundfunk. Mit dieser Entscheidung nehme er Rücksicht auf die Bemühungen der US-Regierung um eine Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit den Palästinensern.

"Wir beobachten, dass es seit dem Besuch von US-Präsident Barack Obama im März weniger Genehmigungen für Neubauten im Westjordanland gibt", sagte auch Peace-Now-Chef Jariw Oppenheimer. Das Armeeradio wies darauf hin, dass Netanjahu damit von seiner Ankündigung vor der Parlamentswahl Mitte Januar abgerückt sei, Hunderte Bauaufträge für die jüdischen Siedlungen zu genehmigen.

Der Zeitung Haaretz zufolge versprach Netanjahu US-Außenminister John Kerry, bis Mitte Juni von Neuausschreibungen im Westjordanland und in Ostjerusalem abzusehen. Diese Gebiete hatte Israel während des Sechstagekriegs 1967 erobert. Kerry bemüht sich momentan, die 2010 wegen des Streits um den Siedlungsbau abgebrochenen Friedensgespräche wiederzubeleben.

Baustopp als Bedingung für neue Friedensgespräche

Ein Sprecher Netanjahus wollte sich zunächst nicht zu den Berichten äußern. Ajalet Schaked, Abgeordnete der nationalreligiösen Siedlerpartei Jüdisches Heim, bestätigte die Informationen aber indirekt gegenüber dem Armeerundfunk: Das Wohnungsbauministerium habe Tausende Ausschreibungen für das Westjordanland vorbereitet, sagte sie und fügte hinzu: "Aber diese müssen vom Ministerpräsidenten unterschrieben werden, und aus mir unerklärlichen Gründen kam diese Unterschrift nicht."

Die Palästinenser haben einen Baustopp zur Bedingung für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen gemacht. Palästinenserpräsident Abbas will im Westjordanland und im Gazastreifen einen eigenen Staat errichten mit Ostjerusalem als palästinensischer Hauptstadt. Die meisten Staaten halten die israelischen Siedlungen im Westjordanland und Ostjerusalem für illegal. Dort leben etwa 500.000 Israelis und 2,5 Millionen Palästinenser.

Die von Industrieminister Naftali Bennett gegründete Partei Jüdisches Heim und der rechte Rand von Netanjahus konservativer Likud-Partei hatten nach den Wahlen und dem Ausscheiden von Verteidigungsminister Ehud Barak, dessen Unterschrift ebenfalls jeweils benötigt wurde, auf einen starken Aufschwung des Siedlungsbaus in den besetzten Palästinensergebieten gesetzt. Auch der amtierende Verteidigungsminister Mosche Jaalon vom Likud will die völkerrechtlich illegalen Siedlungen erweitern.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP/ratz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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