Israel stoppt deutsches Schiff:Waffen für die nächste Schlacht

Hamas und Hisbollah erhalten angeblich Kriegsgerät aus Iran - Israels Armee hat jetzt ein deutsches Schiff mit Waffen im Mittelmeer aufgebracht.

Peter Münch, Tel Aviv

Nach dem Krieg ist in Nahost oft vor dem Krieg - und in Israel, im Libanon und im Gaza-Streifen wächst die Unruhe, wie es nach dem ungewöhnlich friedlichen Sommer weitergehen wird. Die vergangenen großen Schlachten haben keine Lösungen gebracht, und der Nachschub an Waffen läuft auf vollen Touren. Im Mittelmeer hat ein israelisches Spezialkommando einen deutschen Frachter aufgebracht, auf dem Raketen und andere Waffen aus Iran versteckt gewesen sein sollen - mutmaßlich für die Hisbollah-Miliz im Libanon. Fast zeitgleich wurde die israelische Öffentlichkeit aufgeschreckt durch die Meldung, die Hamas habe eine neue Rakete im Arsenal, die 60 Kilometer weit fliegen, also erstmals auch Tel Aviv treffen könne. Auch hier soll die Lieferung aus Iran gekommen sein.

Israel stoppt deutsches Schiff: Der FrachterFrancopder deutschen Reederei Gerd Bartels liegt jetzt im Hafen von Aschdod.

Der Frachter

Francop

der deutschen Reederei Gerd Bartels liegt jetzt im Hafen von Aschdod.

(Foto: Foto: AP)

Im Hafen von Aschdod wurde der Frachter Francop der deutschen Reederei Gerd Bartels aus Neu Wulmstorf bei Hamburg bis zum Abend festgehalten. In dessen Containern sollen Hunderte Tonnen Waffen versteckt worden sein, darunter Katjuscha-Raketen, wie sie die im Libanon operierende Hisbollah gegen Israel einsetzt. Vor dem Zugriff der israelischen Marine 160 Kilometer vor der Küste war das Schiff, das unter der Flagge von Antigua fährt, tagelang beobachtet worden. Israels Regierung spricht von einem großen Fang. "Das ist ein Erfolg in unserem Kampf gegen den Waffenschmuggel, der die terroristischen Organisationen stärkt und Israels Sicherheit bedroht", sagte Verteidigungsminister Ehud Barak. Vor der libanesischen Küste operiert auch die Bundesmarine, die im Auftrag der UN Nachschublieferungen an die Hisbollah unterbinden soll.

"Wir wissen nie, was in den Containern ist

" Bei der Reederei Gerd Bartels zeigt man sich vom Vorwurf des Waffenschmuggels auf einem ihrer Schiffe überrascht. "Wir sind nur der Spediteur, wir wissen nie, was in den Containern ist", sagte ein Firmensprecher. Er verwies auch darauf, dass das Schiff derzeit an die United Feeder Services (UFS) vermietet worden ist. Von dem auf den Marshall Inseln registrierten Unternehmen war keine Stellungnahme zu bekommen, im Internet preist es sich als "verlässlichster und vertrauenswürdigster Zubringer im Mittelmeer" an.

In israelischen Berichten heißt es, das Schiff sei über Iran, den Jemen und Sudan durch den Suez-Kanal gekommen. In der Vergangenheit hatte Israel schon mehrmals Schiffe mit großen Mengen an Waffen aufgebracht, die alle ihren Ursprung in Iran haben sollen. So ging im Januar 2002 die Karin A ins Netz, die 50Tonnen Waffen, offenbar für die Hamas im Gaza-Streifen, an Bord hatte. Und im Oktober 2009 wurde die unter deutscher Flagge fahrende Hansa India von US-Kriegsschiffen im Golf von Suez gestoppt. An Bord fand man Munition und Material zum Waffenbau. Die deutsche Reederei Leonhardt und Blumberg gab an, dass Schiff sei seit Jahren an eine iranische Staatsreederei vermietet.

Iran als Waffenlieferant für die Hamas und die Hisbollah nährt in Israel die Ängste vor Zangenangriffen aus Gaza und dem Libanon. Und die Angst dürfte noch größer geworden sein durch das, was Generalmajor Amos Jadlin, Chef des Militärgeheimdienstes, nun dem außen- und verteidigungspolitischen Ausschuss der Knesset berichtete. Demnach soll die Hamas in der vorigen Woche, im Schutz der Dunkelheit und des schlechten Wetters, einen erfolgreichen Test mit einer neuen Rakete ausgeführt haben. Bislang hatten die in der Regel selbstgebauten Geschosse aus Gaza eine Reichweite von maximal 40 Kilometern, die meisten landen im Umkreis von 20 Kilometern in der Negev-Wüste und richten wenig Schaden an. Diese Rakete aber war angeblich deutlich weiter geflogen, bis sie im Mittelmeer landete, und sie soll 45 Kilogramm Sprengstoff tragen können.

Hamas-Sprecher haben die israelischen Raketen-Berichte eine ,,Lügengeschichte'' genannt. Doch die Regierung in Jerusalem behauptet, dass diese Waffe in jüngster Zeit von Iran nach Gaza gebracht worden sei, entweder in Einzelteilen durch die Tunnel an der Grenze zu Ägypten oder übers Meer. Israels Armee schätzt, dass die Hamas inzwischen wieder mehr Raketen hat als vor dem Krieg im Dezember und Januar 2009 - dabei war dieser Krieg geführt worden, um den Raketen-Terror auf grenznahe Städte wie Sderot zu unterbinden. Zwar ist es seitdem weitgehend ruhig geblieben. Aber solche Ruhe, so fürchtet man in Israel, könnte schnell enden, wenn die Hamas mit neuen Waffen ein kraftvolles Zeichen setzen wollte. Israels Vize-Verteidigungsminister Matan Vilnai spricht von "Hunderten Raketen", die Israel ins Herz treffen könnten. Die Bevölkerung müsste wissen, "was die Realität ist".

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