Israel:Siedler bewaffnen sich mit Granaten

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Nach der Räumung aller 21 jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen wächst in Israel die Sorge, dass es bei der für diesen Dienstag geplanten Zwangsevakuierung im Westjordanland zu einer bewaffneten Auseinandersetzung kommt.

Thorsten Schmitz

Tel Aviv - Laut Rundfunkberichten rechnet die Armee damit, in den zwei Siedlungen Sanur und Homesch Waffen gegen Abzugsgegner einsetzen zu müssen.

Palästinenser-Präsident Machmud Abbas sagte, mit der Räumung sei der "heilige Kampf" gegen Israel vorüber. Regierungschef Ariel Scharon kündigt erneut den Ausbau anderer jüdischer Siedlungen im Westjordanland an.

In den beiden Siedlungen Sanur und Homesch im Westjordanland halten sich nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium derzeit etwa 2100 Siedler illegal auf. Von ihnen sei ein Teil bewaffnet. Mehrere Familien baten am Montag darum, die Siedlung verlassen zu können, um ihre Kinder nicht einer Eskalation der Gewalt am Dienstag aussetzen zu müssen.

Mit der erfolgreichen Räumung Netzarims am Montag, der letzten jüdischen Siedlung im Gaza-Streifen, konzentrierten sich die Bemühungen der israelischen Armee am Montag auf die für den heutigen Dienstag geplante Räumung von vier weiteren jüdischen Siedlungen im Norden des Westjordanlands.

Die zwei säkularen Siedlungen Ganin und Kadim waren in den vergangenen Tagen bereits von allen dort lebenden jüdischen Siedlern verlassen worden. In den religiösen Siedlungen Sanur und Homesch dagegen haben sich seit Tagen etwa 2100 extremistische, ultraorthodoxe Siedler verschanzt.

Der Armee zufolge wollen die dortigen Siedler bei der Zwangsräumung Gewalt einsetzen. Die radikalen Siedler hätten sich mit Granaten, Nägeln und Koch-Öl bewaffnet.

Ökonomischer Dschihad

Die israelische Armee verlegte im Laufe des Montag mehrere tausend Soldaten auf Stützpunkte nahe der beiden zu räumenden Siedlungen. Auch wurden Bulldozer, Planierraupen, Bagger sowie berittene Polizisten in die Region gebracht.

Bereits am Sonntag hatten sich radikale Siedler nahe Keduim im Westjordanland Schlägereien mit israelischen Soldaten geliefert. Zudem hatten radikale jüdische Siedler einen Brandanschlag auf eine Armeepatrouille verübt, bei der ein Soldat leicht verletzt worden war.

Aus palästinensischen Quellen verlautete am Montag, dass etwa tausend palästinensische Polizisten nahe Dschenin Stellung bezogen hätten.

Nach Einschätzung von PalästinenserPräsident Machmud Abbas stärkt der Abzug aus dem Gaza-Streifen in seinem Volk die Kräfte, die den Konflikt mit Israel ohne Gewalt lösen wollen. Der Dschihad, der heilige Kampf gegen Israel, sei vorüber, sagte Abbas am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Dafür beginne nun der "größere Dschihad" um eine wirtschaftliche Erholung der Palästinenser-Gebiete, um Recht und Ordnung und um Verhandlungen mit Israel, durch die ein lange anhaltender Frieden sichergestellt werden könne. Diese Botschaft habe er in den vergangenen Tagen bei vielen Demonstrationen und Versammlungen bekräftigt, bei denen der erste israelische Rückzug von palästinensischem Land gefeiert wurde.

"Die Reaktionen sind bemerkenswert: Die Überzeugungen der Menschen ändern sich", sagte er. Abbas sagte weiter, auch die bewaffneten Gruppen feierten nach anfänglicher Ablehnung den Abzug. "Der Abzug findet in aller Ruhe statt", sagte Abbas.

Israels Regierungschef Ariel Scharon kündigte am Montag an, es werde vorerst zu keinen weiteren einseitigen Siedlungsauflösungen mehr kommen. Gegenüber der Jerusalem Post erklärte Scharon, große jüdische Siedlungsblocks wie etwa Maale Adumim und Ariel im Westjordanland würden erweitert. "Der Ariel-Block wird für immer Teil Israels bleiben, territorial verbunden mit Israel", zitierte das englischsprachige Blatt den israelischen Regierungschef.

Als vordringlichste Aufgabe bezeichnete Scharon nach Abschluss sämtlicher Räumungen die Wiederaufnahme der Umsetzung des Friedensfahrplans des Nahost-Quartetts. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Palästinensische Autonomiebehörde die Terrorgruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad entwaffnet und zerschlägt.

Von Israel verlangt der Friedensfahrplan, der von Vertretern der USA, Russlands, der Uno und der Europäischen Union erarbeitet wurde, einen Stopp des Siedlungsausbaus.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat erklärte am Montag, Scharon verstoße mit der Ankündigung des Siedlungsausbaus gegen den Friedensfahrplan. Er forderte Israel nach der Räumung des Gaza-Streifens zur Aufnahme von Endstatus-Verhandlungen auf.

In ihnen sollen die Hauptstreitpunkte zwischen Israel und den Palästinensern geklärt werden, darunter Fragen nach der künftigen Grenzziehung und dem Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge.

© SZ vom 23.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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