Israel:Rote Karte

Israel: 2008 lagen sie sich in den Armen, jetzt im Clinch: Fifa-Chef Blatter und der palästinensische Sportchef Radschub.

2008 lagen sie sich in den Armen, jetzt im Clinch: Fifa-Chef Blatter und der palästinensische Sportchef Radschub.

(Foto: David Furst/AFP)

Im Nahost-Konflikt ist nun auch eine Front im Fußball eröffnet. Die Palästinenser wollen Israel aus der Fifa ausschließen lassen.

Von Peter Münch

Fußball ist ein Spiel, bei dem es um Kampf geht und um Taktik - doch gekämpft und taktiert wird rund um den Ball im Nahen Osten längst nicht nur auf dem grünen Rasen. Der Sport dient hier oft als Fortsetzung der Politik oder gar des Krieges mit anderen Mitteln, und die nächste Schlacht soll auf dem Fifa-Kongress Ende Mai in Zürich eröffnet werden: Der Palästinensische Fußballverband (PFA) will den Ausschluss Israels aus dem Fußball-Weltverband zur Abstimmung stellen. Alarmiert sind davon nicht nur die Israelis, sondern auch Fifa-Chef Sepp Blatter. Noch in dieser Woche will er nach Jerusalem und Ramallah reisen, um in letzter Minute den Sturmlauf abzublocken.

Die Palästinenser begründen ihren Ausschluss-Antrag, der auf der Tagesordnung vom 29. Mai unter dem Punkt 15.1. geführt wird, mit einer langen Liste israelischer Verstöße gegen das Fifa-Reglement. Die Besatzungsmacht, so heißt es, würde die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Fußballer einschränken, so dass zum Beispiel kaum ein gemeinsames Training von Nationalspielern aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen möglich sei. Zudem werde offener Rassismus gegenüber arabischen Spielern in Israel nicht geahndet. Und außerdem spielten fünf Mannschaften aus Siedlungen im Westjordanland unerlaubterweise im israelischen Ligabetrieb.

Die Vorwürfe sind nicht neu, und sie sind vielfältig belegt. Schon in den vergangenen beiden Jahren wollten die Palästinenser sie bei der jährlichen Fifa-Versammlung vorbringen, doch Blatter hatte das im Vorhinein stets abgebogen. 2013 erfand er eine Task Force, die zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln sollte, 2014 versprach er qua eigener Allmacht eine schnelle Lösung aller Probleme. Überdies überschüttete er die Palästinenser mit Aufmerksamkeit und spendierte ihnen eine Fußballakademie im Westjordanland, die sogar seinen Namen tragen darf. Doch in diesem Jahr hat er sich, zumindest bislang, die Zähne ausgebissen an seinem Freund Dschibril Radschub, dem Chef der PFA.

Radschub ist ein kerniger General, der einstmals Jassir Arafats Sicherheitskräfte kommandierte. Heute herrscht er in Ramallah über den Sportbetrieb, und er hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er auch beim Fußball aus allen Rohren feuern kann. Vor Wochenfrist ließ er sich bei einem von Blatter eilig vermittelten Gipfeltreffen mit seinem israelischen Amtskollegen Ofer Eini in Zürich nicht vom Kurs abbringen. "Unglücklicherweise hat das Treffen nur bestätigt, dass der israelische Fußballverband ein Werkzeug in der Hand der Besatzer und nicht bereit ist, die Fifa-Statuten zu befolgen", erklärte er.

Als Erfolg darf er sich schon einmal anrechnen, dass es der Antrag zum Ausschluss Israels erstmals auf die Tagesordnung der Fifa-Versammlung geschafft hat. Angesichts einer notwendigen Mehrheit von 75 Prozent der 209 Fifa-Mitglieder sind die Erfolgsaussichten minimal, zumal bislang erst einmal ein Ausschluss erfolgte - es traf Südafrika auf dem Höhepunkt der Apartheid. Aber ausnahmsweise gilt einmal die sportliche Devise: Dabeisein ist alles. Sanktionen gegen Israel wären schon mit einfacher Mehrheit möglich, und spekuliert wird natürlich auch mit dem Imageschaden bei einer solchen Debatte.

Doch Blatter will die Abstimmung nun noch in letzter Minute verhindern. Konflikte innerhalb der Fifa schätzt er gar nicht, das streut nur Sand ins gut geölte Räderwerk. Und schon gar nicht soll dieser lässliche Nahost-Konflikt das in Zürich geplante Weihefest seiner Wiederwahl überlagern. Einerseits darf er es sich deshalb nicht mit den Arabern und den anderen Israel-Gegnern verderben. Andererseits aber hat er, bei allem Respekt natürlich für die Palästinenser, schon früh öffentlich bekundet, dass er nichts hält vom Ausschluss-Antrag gegen Israel.

"Es geht um Sport und nicht um Politik", stellte er klar - und vereinbarte gleich darauf für seine Reise in die Region Termine bei den Sportsfreunden Benjamin Netanjahu und Mahmud Abbas, die nebenher noch als Premiermister Israels respektive Palästinenser-Präsident amtieren. Ob es ihm gelingt, den Ball flach zu halten, ist nicht sicher. Aber spannend bleibt es gewiss bis zur letzten Minute.

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