Israel:Nächstes Jahr in Jerusalem

US-Vizepräsident Pence verschiebt seinen Israelbesuch zum zweiten Mal.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Jerusalem

Einen großen Empfang wollte man ihm an diesem Mittwoch bereiten: In Jerusalems Straßen wurden bereits US-Fahnen aufgehängt, Absperrgitter standen bereit. Aber US-Vizepräsident Mike Pence hat in der Nacht zum Dienstag seine Reise nach Israel abgesagt - diesmal endgültig, zumindest für dieses Jahr.

Eigentlich hätte er bereits am Sonntag eintreffen sollen. Die Verschiebung um einige Tage wurde offiziell damit begründet, Pence müsse in Washington bleiben wegen der Abstimmung zur Steuerreform, die sich nun noch einmal verzögerte. Das war nun der willkommene Anlass, diesen Trip tatsächlich abzusagen, dessen Vorbereitungen sich immer mehr zu einer diplomatischen Peinlichkeit entwickelt hatten. Als einziger offizieller Programmpunkt wäre neben den obligatorischen Empfängen beim Regierungschef und Präsidenten sein Auftritt vor der Knesset geblieben.

Ursprünglich hatte der evangelikale Christ Pence in der Vorweihnachtszeit im Heiligen Land Christen treffen und christliche Stätten besuchen wollen. Aber nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, wollten ihn weder Palästinenser noch Christen sehen. Ihm wurde persönlich übel genommen, dass er während der Verkündigung durch Trump hinter diesem stand und nonverbal seine Zufriedenheit über diesen Schritt zum Ausdruck gebracht hatte. Israelis kolportierten im Vorfeld seines Besuchs, dass Pence sogar die treibende Kraft gewesen sei.

Dann gab es ein Hin und Her, ob Pence nach der US-Positionierung zu Jerusalem nun offiziell als Vizepräsident oder doch lieber nur als Privatperson die Klagemauer besuchen werde. Und obwohl das jüdische Lichterfest Chanukka am Mittwoch endet, wollte er unbedingt eine Kerze dort anzünden. Außerdem gab es Sicherheitsbedenken gegen diesen Abstecher in die Altstadt, die Mitarbeiter der US-Botschaft derzeit nicht betreten dürfen. Dann hieß es, er werde gleich nach der Landung am späten Abend hingehen.

Jedenfalls wären heftige Proteste zu erwarten gewesen, denn ein Mitarbeiter des Weißen Hauses hatte im Vorfeld des Pence-Besuchs bei einem Briefing für israelische Medien ausgeplaudert, dass auch nach einer Friedensvereinbarung mit den Palästinensern aus Sicht der USA die Klagemauer auf jeden Fall zu Israel gehören müsse. Das veranlasste den bis dahin relativ zurückhaltend auftretenden palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, zu "wütenden Protesten" rund um die Pence-Visite aufzurufen.

Für den Besuch wird nun ein neuer Termin gesucht - und ein neues Thema

Die radikalislamische Hamas hat dagegen nach Trumps Erklärung zu einer Intifada aufgerufen. Auch wenn die Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern sowie israelischen Soldaten und Grenzpolizisten andauern, so gibt es bisher keinen breiten Volksaufstand. Nach Einschätzung Israels steckt aber nicht die Hamas hinter den Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auf Israel, sondern militante Salafisten. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman zeigte sich am Dienstag beim Besuch eines Militärstückpunkts in der Nähe des Gazastreifens überzeugt davon, dass Bestrafungsaktionen der Hamas wirken und die Attacken zurückgehen werden.

Seit der Trump-Erklärung am 6. Dezember waren rund 30 Raketen Richtung Israel abgefeuert worden. Lieberman pries die Tapferkeit der Israelis in dieser Region, die fast jede Nacht Schutzräume aufsuchen mussten. Gleichzeitig versicherte er: "Israel ist bereit, jeden Preis für Trumps Erklärung zu bezahlen."

Die Palästinenser setzen dagegen auf internationale Unterstützung. Abbas kündigte an, dass man eine volle UN-Mitgliedschaft und die Aufnahme bei 22 Organisationen anstrebe. Mit dem Nahostbeauftragten von Trump, Jason Greenblatt, dessen Schwiegersohn Jared Kushner oder anderen amerikanischen Offiziellen will sich Abbas dagegen nicht mehr treffen. Greenblatt ist diese Woche in der Region, "um die Bemühungen für einen Friedensprozess voranzutreiben". Wen er trifft, ist nicht bekannt. Für die Pence-Visite nach Israel wird nun nach einem neuen Termin gesucht. Fest steht bereits, dass man ein anderes Thema in den Mittelpunkt stellen will: Iran.

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