Israel:Illegale Siedlung geräumt

Israel: Bewohner der Siedlung Netiv Haavot im Handgemenge mit der Polizei.

Bewohner der Siedlung Netiv Haavot im Handgemenge mit der Polizei.

(Foto: Menahem Kahana/afp)

Die Räumung von 15 Häusern im Westjordanland sorgte für Protest. Polizisten wurden mit Steinen beworfen. Auch Minister demonstrieren gegen das Urteil des Obersten Gerichts.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Die angekündigte Aktion verlief anders als erwartet: Trotz einer Übereinkunft mit Bewohnern, dass es nur friedliche Proteste geben werde, eskalierte die Räumung von 15 Häusern eines sogenannten Siedlungsaußenpostens im Westjordanland. Hunderte Israelis hatten sich Dienstagfrüh in der Netiv Haavot genannten Siedlung südlich von Jerusalem verschanzt. Sie bewarfen Polizisten mit Steinen und Wasserflaschen. Die Polizei musste schließlich 2300 Mann aufbieten, um die Gebäude zu räumen, was erst gegen 22 Uhr gelang. Sechs Polizisten wurden verletzt, drei Aktivisten festgenommen. Es wurden auch eine Einfahrtsstraße nach Jerusalem blockiert und Reifen angezündet.

Davor hatten rund 2000 Menschen gegen die Evakuierung der Siedlung demonstriert, deren Räumung das Oberste Gericht in einem im Februar gefällten Urteil verfügt hat. Denn die Gebäude sind teilweise auf Privatgrund von Palästinensern errichtet worden, die 2016, unterstützt von der besatzungskritischen israelischen NGO Peace Now, vor Gericht gezogen waren. Israelische Siedler hatten 2001 zuerst provisorische Behausungen aufgestellt, dann stabile Gebäude errichtet.

An Protesten gegen die vom Gericht verfügte Räumung beteiligte sich auch Justizministerin Ajeled Schaked. Alle drei Minister der nationalreligiösen Partei Jüdisches Heim, das die Siedler unterstützt, waren angereist. Parteichef Naftali Bennett, der auch Bildungsminister ist, nannte das Urteil absurd: "Wer immer will, dass 15 Heime dem Erdboden gleich gemacht werden, muss mit 350 rechnen." Er kündigte eine Kampagne an, die so lange fortgeführt werde, bis der Premierminister eine große Siedlung auf diesem Hügel errichtet habe.

Die Regierung hat bereits 60 Millionen Schekel (14,2 Millionen Euro) budgetiert für die Räumung der Häuser und den Bau neuer Gebäude gleich nebenan. Zuerst sollen Mobilheime aufgestellt und dann fixe Häuser errichtet werden - und zwar auf Land, das nicht einzelnen Palästinensern gehört, sondern der Staat Israel beansprucht. Nach internationalem Recht sind sämtliche Siedlungsaktivitäten in den Palästinensergebieten illegal. Die israelische Regierung unterscheidet jedoch zwischen von ihr genehmigten Siedlungen und Außenposten, die häufig im Nachhinein "legalisiert" werden. Der Außenposten Netiv Haavot liegt neben dem großen Siedlungsblock Gush Etzion. Im Mai hatte Israels Regierung angekündigt, bis Jahresende 2500 neue Wohnungen in 30 Siedlungen im besetzten Westjordanland bauen zu wollen. In rund 200 Siedlungen im besetzten Westjordanland und im annektierten Ostteil Jerusalems leben bereits mehr als 600 000 Israelis.

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