Israel hebt die Seeblockade auf:Erfolg nach diplomatischem Hürdenlauf

Nachdem immer neue Hindernisse aus dem Weg geräumt werden konnten, feiert der Libanon nun die Aufhebung der Luft- und Seeblockade. Mitverantwortlich für das plötzliche Einlenken Israels war offenbar auch das deutsche Angebot, Zoll- und Grenzschutzbeamten an den Flughafen Beirut zu entsenden.

Christiane Schlötzer und Thorsten Schmitz

Der Himmel über Beirut war wieder von Raketen erhellt, aber diesmal war es ein Freudenfeuerwerk, das Regierungschef Fuad Siniora zünden ließ.

Israel hebt die Seeblockade auf: Froh gestimmt: Israels Außenministerin Tzipi Livni und ihr deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier.

Froh gestimmt: Israels Außenministerin Tzipi Livni und ihr deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier.

(Foto: Foto: dpa)

Erst feierte Beirut am Donnerstag Abend die Aufhebung der Luftblockade, und am Freitag schickte sich Israel dann an, nach acht Monaten auch die Seeblockade des Nachbarlandes zu beenden.

Während der Kommandeur der UN-Friedenstruppen im Libanon, Generalmajor Alain Pellegrini, bekannt gab, europäische Schiffe hätten bereits mit Patrouillenfahrten vor der libanesischen Küste begonnen, traten in einem Hotel in Tel Aviv Israels Außenministerin Tzipi Livni und ihr deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier auffallend optimistisch gestimmt vor die Presse.

Kofi Annan mit zunehmende Frustration

Sowohl Livni, die in einen feierlichen weißen Hosenanzug gekleidet war, als auch Steinmeier, der oft lächelte und Livni freundschaftlich duzte, versicherten, die Seeblockade könne schon "in wenigen Stunden" aufgehoben werden. Der schrittweisen Beendigung der doppelten Blockade war ein diplomatischer Hürdenlauf vorangegangen, wobei immer wieder neue Hindernisse den Weg verstellten.

UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte sich persönlich als Chefdiplomat in zehn Tagen in zehn Ländern der Region um eine Lösung bemüht - mit zunehmender Frustration. Erschwert wurde ein Durchbruch auch durch die Tatsache, dass die von Deutschland angebotenen Marineeinheiten - deren Entsendung der Bundestag erst noch billigen soll - allenfalls in zwei Wochen eintreffen können, weshalb im Mittelmeer befindliche französische, griechische und italienische Patrouillen nun aushelfen sollen.

Auf der anderen Seite war der internationale Druck auf Israel hoch, eine wirtschaftliche Erholung des Libanon und die politische Zukunft von Premier Siniora nicht länger durch die Blockaden zu gefährden. Livni ließ ahnen, wie groß die Spannung zuletzt war. Sie sagte bei dem Auftritt mit Steinmeier: "Wir wollen nicht das libanesische Volk bestrafen, aber wir müssen auch sicherstellen, dass eine Wiederbewaffnung der Hisbollah auf dem Seewege ausgeschlossen werden kann."

Deutsche Grenzschützer stehen beratend zur Seite

Mit der Stationierung italienischer, französischer und griechischer Schiffe sei die Voraussetzung für einen Abzug israelischer Kriegsschiffe jetzt gegeben, sagte Livni. In der Zwischenzeit könne Deutschland den politischen Abstimmungsprozess zur Entsendung seiner Marine starten. Die israelische Tageszeitung Haaretz zitierte Verteidigungsminister Amir Peretz mit den Worten: "Wir können die Blockade nicht mehr rechtfertigen, sie könnte zu einem ernsthaften Konflikt mit der internationalen Staatengemeinschaft führen."

Mitverantwortlich für das plötzliche Einlenken Israels war offenbar auch das deutsche Angebot, Zoll- und Grenzschutzbeamten an den Flughafen Beirut zu entsenden, für das sich Livni ausdrücklich bedankte. Steinmeier erläuterte, die Berliner Beamten sollten das libanesische Sicherheitspersonal auf dem Flughafen in Beirut bei der Kontrolle von Frachtgut und Passagiergepäck schulen. Die deutschen Grenzschützer stünden damit beratend zur Seite stehen, ähnlich wie jene EU-Beamten, die am Grenzübergang Rafah zwischen dem Gaza-Streifen und Ägypten die Abwicklung der Kontrolle palästinensischer Beamter mit überwachen.

Die Öffnung des Flughafens war offenbar bis zum letzten Moment ungewiss. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatte Annan, der fürchten musste, seine Vermittlungsmission könne ein Fehlschlag werden, in den letzten 48 Stunden vor Steinmeiers überraschender Reise nach Israel mehrfach mit dem deutschen Außenminister telefoniert. "Sorry, wenn ich schon wieder störe", soll Annan dabei gesagt haben, aber die Israelis bäten dringend um eine Maßnahme zur Kontrolle des Beiruter Flughafens. Steinmeier soll geantwortet habe, er werde sehen, was sich machen ließe.

Deutschland: "wichtige Rolle" bei Gefangenenaustausch?

Am Donnerstag war Steinmeier noch in Istanbul, wo er mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül eigentlich nur eine neue türkische-deutsche Freundschaftsinitiave vorstellen wollte. Statt nach Berlin zurückzukehren, nahm er dann auf dem Atatürk-Airport vier deutsche Zoll- und Grenzbeamte in Empfang und reiste mit ihnen umgehend nach Beirut.

Nach Informationen des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad sind in der Vergangenheit sehr viele Waffen an die libanesische Hisbollah per Flugzeug aus Syrien und Iran geliefert worden. Regierungssprecher Mark Regev äußerte sich gegenüber der SZ zufrieden über die spontane Hilfe aus Berlin. Ohne dies Unterstützung hätte sich die Aufhebung der Luftblockade verzögern können, bestätigte Regev.

Ausweichend äußerte sich Steinmeier auf eine direkte Frage nach dem Schicksal der entführten israelischen Soldaten. Über eine mögliche Beteiligung Deutschlands an Vermittlungsgesprächen zwischen Israel und den Entführern der Hisbollah, meinte er, ob die Zeit dafür "reif" sei, könne er nicht beurteilen. Verteidigungsminister Peretz wiederum sagte kurz zuvor, Deutschland könne eine "wichtige Rolle" bei einem Gefangenenaustausch spielen. BND-Chef Ernst Uhrlau war in der vergangenen Woche in den Libanon gereist. Er hatte 2004 zwischen Israel und Hisbollah einen Gefangenenaustausch vermittelt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: