Israel:Arbeitspartei zerbricht am Friedensprozess

"Der Höhepunkt einer Dauerkrise": Die Arbeitspartei, die Israel jahrzehntelang allein regiert hat, steht vor der Spaltung. Ehud Barak will seine Partei verlassen - und eine neue gründen.

Die sozialdemokratische Arbeitspartei in Israel steht vor der Spaltung: Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak verlässt seine Partei. Der bisherige Parteivorsitzende kündigte vor Journalisten in Jerusalem an, er wolle gemeinsam mit vier weiteren Abgeordneten eine neue Partei mit dem Namen Azmaut (Unabhängigkeit) gründen. "Die Partei wird in der politischen Mitte angesiedelt, zionistisch und demokratisch sein", sagte Barak. "Wir brechen zu neuen Ufern auf."

Israel's Defence Minister Barak attends a news conference at the Knesset, the Israeli parliament, in Jerusalem

Will eine neue Partei gründen: Israels Verteidigungsminister Ehud Barak.

(Foto: REUTERS)

In der Arbeitspartei verbleiben damit nur noch acht Abgeordnete. Sie stellte bislang 13 der 120 Abgeordneten in der Knesset, dem israelischen Parlament.

Hintergrund dieses Schritts ist die wachsende interne Unzufriedenheit mit Barak. Mitglieder des linken Parteiflügels hatten ihn mehrfach aufgefordert, die rechtsorientierte Regierung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu verlassen, weil der Friedensprozess mit den Palästinensern brachliegt.

Der israelische Rundfunk berichtete, Baraks Vorgehen sei mit Netanjahu abgestimmt. Der sozialdemokratische Minderheitenminister Avischai Braverman sagte dem Sender, Baraks Schritt sei "der Höhepunkt einer Dauerkrise in der Arbeitspartei".

Braverman gehört dem linken Flügel an und verbleibt in der Partei. Er sagte, man habe Barak ein Ultimatum gestellt: Es müsse entweder wieder direkte Gespräche mit den Palästinensern geben oder die Partei aus der Regierung ausscheiden. "Er hat sich entschlossen, mit Netanjahu weiterzumachen." Barak habe nun keinen Platz mehr in der Arbeitspartei. "Diese Krise bietet eine große Gelegenheit zur Wiederbelebung der Partei", sagte Braverman.

Niedergang einer Staatspartei

Die israelische Arbeitspartei befindet sich seit längerer Zeit im Abschwung: Schon nach der vergangenen Wahl im Februar 2009 war von einem Debakel die Rede gewesen. Nur noch 13 Sitze in der Knesset konnte die Arbeitspartei unter Baraks Führung gewinnen. Das galt als historischer Tiefpunkt.

Die auf Hebräisch Awoda genannte Partei inklusive ihres Vorläufers Mapai hatte Israel aufgebaut und jahrzehntelang alleine regiert. Sie hatte wie eine Staatspartei gewirkt - unter dem Vorsitz von David Ben Gurion bis zu Jitzchak Rabin. Nun war sie nurmehr viertstärkste Kraft im Parlament.

In der Koalitionsregierung des Likud-Premiers Benjamin Netanjahu bekam die Partei zwar trotzdem vier Ministerposten zugeschanzt: Im Alleingang hatte Barak nach der verlorenen Wahl 2009 seine widerstrebende Fraktion in die Regierung gezwungen. Für sich selbst rettete er das Verteidigungsressort.

Als Folge hatte die Arbeitspartei im Parlament oft gespalten abgestimmt. Aufgrund des lahmenden Friedensprozesses drohten die anderen Awoda-Minister immer wieder einmal mit dem Ausstieg aus der Koalition. Umfragen prognostizierten der Partei bei der nächsten Wahl nur noch ganze acht Mandate.

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