Island:Grímsson zieht sich zurück

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Nach Offshore-Enthüllungen kandidiert der Präsident nun doch nicht für eine weitere Amtszeit.

Von silke bigalke, Stockholm

Stabilität für Island, das war sein Hauptargument. In diesen unsicheren Zeiten brauche das Land Erfahrung, erklärte Präsident Ólafur Ragnar Grímsson, als er sich vor drei Wochen überraschend für eine sechste Amtszeit bewarb. Am Ende hat er das politische Chaos in Reykjavik damit nur noch vergrößert. Denn nun hat Grímsson seine Kandidatur wieder zurückgezogen. Er ist selbst Teil des Konflikts geworden, aus dem er Island eigentlich heraushelfen wollte.

Es begann Anfang April, als die Panama Papers das Offshore-Vermögen mehrerer isländischer Politiker offenlegten. Tausende demonstrierten gegen die Regierung, der Premierminister trat zurück und Präsident Grímsson trat als Krisenvermittler auf. Es hätte seine Abschiedsvorstellung werden können, nach 20 Jahren im Amt wollte Grímsson dieses Jahr eigentlich aufhören. Mitte April dann die Kehrtwende: Er wolle bei der Wahl im Juni doch wieder antreten - wegen der politischen Unsicherheit durch die Panama Papers.

Kurz darauf kam dann heraus, dass Grímssons Ehefrau und ihre Familie ebenfalls von Offshore-Konstrukten profitiert hatten. Nur wenige Tage zuvor hatte der Präsident genau das in einem CNN-Interview ausgeschlossen. Die Star-Moderatorin Christiane Amanpour fragte den 72-Jährigen, ob er oder seine Frau selbst Offshore-Konten hätten. "Gibt es da irgendwas, was über Sie und Ihre Familie ans Licht kommen könnte?" Der Präsident antwortete: "Nein, nein, nein, nein, nein. Das wird nicht der Fall sein." War es dann aber doch.

Für Ólafur Ragnar Grímsson war dies zunächst kein Grund, seinen Plan für eine sechste Amtszeit aufzugeben. Über die finanziellen Angelegenheiten seiner Frau Dorrit Moussaieff und ihrer Familie habe er keine Informationen gehabt, erklärte er. Die First Lady stammt aus einer reichen Juweliersfamilie, sie ist seine zweite Ehefrau. Vergangenes Wochenende erklärte der Präsident dann, er habe die Interview-Frage falsch verstanden. Er habe gedacht, es ginge um seine Familie in Island, nicht um die seiner Frau. Die Enthüllungen über die Offshore-Anteile der Moussaieff-Familie hätten seiner Reputation nicht geschadet, so der Präsident, sie wirkten sich nicht auf seine Kandidatur aus.

Nun zieht er sich doch aus dem Wahlkampf zurück und begründet das mit neuen Kandidaten, "die umfassendes Wissen über die Natur, die Geschichte und die Aufgaben des Präsidentenamtes haben". Seit den Offshore-Enthüllungen über die First Lady haben sich zwei prominente Isländer zur Wahl gestellt, zusätzlich zu den elf, die bereits im Rennen waren. Einer von ihnen ist Davíð Oddsson, ein früherer Ministerpräsident und politischer Widersacher Grímssons. Der zweite ist der Autor Guðni Thorlacius Jóhannesson, der Grímsson in den Umfragen bereits überholt hat. Dort war die Zustimmung für Grímsson zuletzt von mehr als 52 Prozent auf weniger als die Hälfte gefallen.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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