Hans-Peter Friedrich und die Islamkonferenz:Gerade wichtig genug für die Kaffeepause des Ministers

Besonders große Bedeutung scheint Innenminister Friedrich der Islamkonferenz nicht beizumessen. Ein paar harmlos-freundliche Worte in der Kaffeepause reichen aus seiner Sicht, um die Beschlüsse zusammenzufassen - während die Vertreter der Islamverbände auf der Straße stehen. Aber schließlich hat ein führender Unionsmann zuvor schon erklärt, der Islam sei nicht Teil Deutschlands.

Thorsten Denkler, Berlin

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), muss seine Positionen zur Islamkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin-Kreuzberg auf der Straße erklären. Der Innenminister wollte ihn nicht an seiner Seite haben bei seiner kurzen Erklärung in dritten Stock des alten Umspannwerkes am Landwehrkanal. Ihn nicht und auch sonst niemanden. Hans-Peter Friedrich pur.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei seinem Pressestatement während der Sitzung der Deutschen Islamkonferenz.

(Foto: dpa)

Das habe er so entschieden, sagt der Innenminister auf Nachfrage. Ein Statement in der Kaffeepause der Islamkonferenz zu deren Beschlüssen müsse mal reichen. Deshalb gebe es auch keine gemeinsame Pressekonferenz, wie in den vergangenen Jahren üblich. Wer einen Eindruck bekommen möchte, welchen Stellenwert der Minister der Konferenz noch beimisst - jetzt hat er ihn bekommen.

Friedrich steht mit seiner Haltung nicht alleine. Politiker vor allem der Union scheinen zu glauben, es komme gut an im Vorfeld dieser Islamkonferenz, den Vertretern der islamischen Verbände Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

So hat am Morgen erst Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann gefordert, die Konferenz möge doch bitte dem Salafismus abschwören (was die Konferenzteilnehmer schon im März 2009 getan haben). Und Unionsfraktionschef Volker Kauder meinte in bewährter Manier gegen die muslimischen Teilnehmer der Konferenz schießen zu müssen, in dem er ohne Not von sich gab: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."

Kolat und die anderen Teilnehmer kennen das Spiel schon. Der Vertreter der Türkischen Gemeinde Deutschlands sagt auf dem Bürgersteig zu Kauders Äußerung nur: "Jeder in diesem Land hat das Recht, Schwachsinn zu erzählen." Er verweist darauf, dass sowohl Christian Wulff als Bundespräsident als auch dessen Nachfolger Joachim Gauck dezidiert anderer Meinung sind. Vielleicht, empfiehlt Kolat, sollte Kauder bei denen noch mal nachlesen.

Innenminister Friedrich laviert herum, als er auf Kauder angesprochen wird. Das sei kein Thema gewesen, die Konferenz könne sich nicht von tagespolitischen Fragen leiten lassen, das Thema solle doch nicht immer wieder neu aufgewärmt werden. Ein klares Bekenntnis sieht anders aus. Das dürfte Friedrich jedoch auch schwerfallen, hat er sich doch schon bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr fast wortgleich wie Kauder heute geäußert.

Harmlos-freundliche Worte

Ansonsten kommen von Friedrich zum Konferenzverlauf nur harmlos-freundliche Worte. Er lobt, es gebe jetzt erstmals eine von sehr vielen Muslimen getragene Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsverheiratungen. Allerdings muss er einräumen, dass das eher etwas mit überkommenen Traditionen und patriarchalen Strukturen zu tun habe als mit der Religion.

Das, so Friedrich weiter, gelte ebenfalls für die Probleme bei der Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt, das zweite wichtige Thema der Konferenz. Auch hier überwiege die Erkenntnis: Religiöse Gründe hat das nicht. Es seien eher Vorurteile in den Unternehmen, die Einstellungen verhinderten. Der Minister wirkt da bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Kolat reagiert diplomatisch, der Innenminister habe "dazugelernt".

Das sehen andere Teilnehmer dann doch anders. Am Mittwoch erst hat die Bochumer Islamwissenschaftlerin Armina Omerika ihren Rückzug aus der Konferenz erklärt. Diese komme ihr "immer sinnloser" vor. Das liege vor allem an Innenminister Friedrich, dem sie unter anderem unterstellt, Studien zum Islam in Deutschland gerne zu missbrauchen, um "wieder einmal einen populistischen Diskurs" zu bedienen.

Friedrich hat zu dem Rückzug wenig zu sagen. Der sei "sehr konsequent", weil sich Omerika in den vergangen Monaten ohnehin nicht mehr beteiligt habe. Und wiegelt den erneuten Verlust eines Mitgliedes der Konferenz ab mit den Worten: "Insofern ist das halt so." Es gebe genügend Einzelpersonen, die sich an ihrer Stelle einbringen könnten. Solche Auftritte des Innenministers dürften mögliche Kandidaten allerdings kaum motivieren.

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