Islamistenprozess in München:Anklage fordert lange Haft für Syrienkämpfer

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Der 27 Jahre alte Deutsche Harun P. soll als Mitglied der Gruppe 'Junud Al-Sham' am Terror in Syrien beteiligt gewesen zu sein. (Foto: Sebastian Widmann/dpa)

Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft dem Syrien-Rückkehrer Harun P. Mord vor. Das Gericht hatte einen Deal vereinbar - durch den der 27-Jährige einer lebenslangen Haftstrafe entrinnt.

Gerichtsreport von Annette Ramelsberger, München

Der Mann ist in München geboren und hier aufgewachsen. Doch dann brach er drei Lehren ab, trennte sich von seiner langjährigen Freundin und schloss sich dem radikalen Islamismus an. Am Ende ging er nach Syrien in den Dschihad. Harun P. ist der erste Syrienkämpfer, dem nach seiner Rückkehr wegen eines Mordvorwurfs in Deutschland der Prozess gemacht wird.

Seit Frühjahr wird vor dem Oberlandesgericht München verhandelt, nun hat die Bundesanwaltschaft 13 Jahre und sechs Monate Haft für den 27 Jahre alten Mann gefordert - es ist auch ein Zeichen dafür, was rückkehrwillige Dschihadisten zu erwarten haben. Die Verteidigung plädierte auf zehn Jahre.

Was die Bundesanwaltschaft und die Verteidigung fordern, bewegt sich im Rahmen eines sogenannten Deals, den das Gericht mit den Prozessbeteiligten vereinbart hatte: Durch diesen Deal ist Harun P. einer lebenslangen Strafe entronnen. Das Gericht hat sich verpflichtet, sich in einem Strafrahmen zwischen zehn und 14 Jahren zu bewegen.

Dabei beim Sturm eines Gefängnisses in Aleppo

Schon während des Prozesses wurde ein Anklagevorwurf ganz fallengelassen: dass Harun P. sich dafür eingesetzt haben soll, eine junge Frau, die ihn in Syrien erkannt hatte, zu exekutieren.

Der Angeklagte stammt aus einer afghanischen Familie, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebt. Er ist selbst Deutscher. Der Mann war im Sommer 2013 über die Türkei nach Syrien gegangen und hatte eine Kampfausbildung absolviert. Er war bei der Erstürmung des Gefängnisses von Aleppo dabei, bei dem mindestens zwei syrische Soldaten und fünf Gefangene umkamen. Zudem gab er zu, eine Mörsergranate abgefeuert zu haben. Unklar ist, ob dabei Menschen getötet wurden.

Prozess gegen Islamisten
:"Der hat mich halt gefragt, ob ich treu bin bis zum Tod"

Schwur auf einen radikalen Prediger, Ausbildung zum Dschihad in Syrien: In München steht ein 27-Jähriger vor Gericht. Er soll eine islamistische Terrorgruppe unterstützt und zum Mord aufgerufen haben.

Aus dem Gericht von Annette Ramelsberger

Der Generalbundesanwalt wirft ihm die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung "Junud al-Sham" (Soldaten Syriens) vor sowie gemeinschaftlichen Mord in sieben Fällen und wegen des Abschusses der Mörsergranate versuchten Mord in einer Vielzahl von Fällen.

Der Angeklagte hat die Vorwürfe gestanden und sich zudem als Zeuge in zwei Islamistenprozessen in Berlin und Düsseldorf zur Verfügung gestellt. Dort hat er ausführlich über die Strukturen und die Verbindungsleute der Islamistenszene und über Schleuser ausgesagt, die Kämpfer nach Syrien bringen.

Nun warnt der Angeklagte vor "dem Abschaum"

Sein Anwalt sagt, damit habe Harun P. den Ermittlungsbehörden wertvolle Erkenntnisse geliefert. Harun P. hat angekündigt, auch weiter als Zeuge in solchen Verfahren zur Verfügung zu stehen.

Anfangs wurde Harun P. noch von Männern mit langem Bart und tiefverschleierten Frauen im Gerichtssaal unterstützt. Als sich herausstellte, dass er sein Wissen preisgab, galt er als Verräter. Er selbst nannte in seinem letzten Wort die Personen, mit denen er im Dschihad war, "eine Sekte". Er wolle vor "dem Abschaum" warnen. Das Gericht will am 15. Juli sein Urteil fällen.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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