Islamischer Staat:Wie die Linke ihre Klage gegen den Anti-IS-Einsatz begründet

Linke will bessere Alternative sein

Sie wollen den Einsatz der Bundeswehr in Syrien stoppen: Die Linken-Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch.

(Foto: dpa)
  • Im Streit um den Einsatz der Bundeswehr gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" zieht die Linkspartei vor das Bundesverfassungsgericht.
  • Seit Dezember beteiligt sich die Bundeswehr an dem Einsatz der Anti-IS-Koalition, unter anderem mit Aufklärungsflugzeugen.
  • Bis die Richter zu einer Entscheidung kommen, könnte es lange dauern.

Von Benedikt Peters, Berlin

Nach einer hitzigen Debatte stimmte der Bundestag im Dezember dafür, dass sich Deutschland am Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat beteiligt. Nur zwei Wochen später starteten die ersten Bundeswehr-Flugzeuge von der türkischen Militärbasis Incirlik aus in Richtung Syrien.

Inzwischen sind es sechs Aufklärer vom Typ "Tornado", sie liefern den von den USA geführten Verbündeten gestochen scharfe Bilder, die diese für ihre Luftangriffe nutzen. Hinzu kommen ein Tankflugzeug und ein Kriegsschiff.

Von Anfang an hat die Linkspartei keinen Hehl daraus gemacht, dass sie den Einsatz ablehnt. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht nannte den Einsatz erst "verantwortungslos" und ließ sich dann dazu hinreißen, die Bombardements mit den Terroranschlägen von Paris zu vergleichen. Im Bundestag konnte ihre Fraktion den Einsatz dennoch nicht verhindern.

Der Bundeswehreinsatz verstoße gegen das Grundgesetz, sagt die Linke

Nun versucht es die Partei auf dem Rechtsweg. Ende Mai hat sie Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dies teilten Wagenknecht und ihr Kollege an der Fraktionsspitze, Dietmar Bartsch, nun mit.

In der Klageschrift argumentiert die Linke, der Bundeswehreinsatz finde nicht in einem "internationalen System gegenseitiger kollektiver Sicherheit" statt, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Dazu hätte etwa der UN-Sicherheitsrat dem Einsatz der von den USA geführten "Anti-IS-Koalition" zustimmen müssen. Diese Zustimmung aber fehlt bis heute. Vorliegen würde ein derartiges internationales System zum Beispiel auch dann, wenn es sich um einen offiziellen Nato-Einsatz handelte - was ebenfalls nicht der Fall ist.

Die Bundesregierung beruft sich bei dem Einsatz hingegen auf Artikel 51 der UN-Charta. Dieser schreibt das Recht auf "individuelle oder kollektive Selbstverteidigung" bei einem bewaffneten Angriff fest, auch ohne ein Mandat des Sicherheitsrats. Darauf hatte sich auch Frankreich nach den Anschlägen vom 13. November gestützt. Als weitere Grundlage nutzt die Bundesregierung den Vertrag von Lissabon. Dieser besagt, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten bei einem Angriff "alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung" schulden.

Aus Sicht der Linken greifen diese Artikel nicht. In ihrem Antrag zieht sie in Zweifel, dass es sich bei den Attentaten des IS in Europa überhaupt um "bewaffnete Angriffe" im Sinne der angeführten Rechtsartikel handelt. Sie argumentiert, dass derartige Aggressionen eigentlich von Staaten ausgeführt werden müssten, der IS aber sei eine private Organisation. Ob die Gesetze auch für diese gelten, müsse erst geklärt werden.

Bis zu einer Entscheidung dürfte es lange dauern

Wagenknecht bekräftigte, dass sie die Beteiligung der Bundeswehr an dem Syrien-Einsatz nach wie vor auch für politisch falsch hält. Sie befürchte, dass er eine Art Präzedenzfall schaffe. Schließlich hätte sich die Bundeswehr früher ausschließlich im Rahmen "internationaler Systeme" an Einsätzen beteiligt, etwa der Nato oder der UN. Dieser Grundsatz drohe nun zu verschwinden.

Vergangene Militärangriffe hätten zudem gezeigt, dass diese zu vielen Opfern in der Bevölkerung führten - was die Terrororganisation letztlich stärke. "Ich erinnere daran, dass der Irakkrieg die Geburtsstunde des Islamischen Staates war."

Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte es noch eine ganze Weile dauern. Die Linke selbst rechnet erst in der nächsten Legislaturperiode damit. Diese beginnt voraussichtlich im Herbst 2017.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: