Islamischer Staat:Die wichtigsten Fakten zum IS

Islamischer Staat: Kämpfer in der Provinz Anbar im Irak

Aus einem Propagandavideo der Terrororganisation: Kämpfer des Islamischen Staats in der irakischen Provinz Anbar.

(Foto: AFP)

Die Terrormiliz IS kontrolliert weite Teile Syriens und des Irak, nun verüben ihre Anhänger sogar koordinierte Anschläge in Paris. Wie die Organisation funktioniert und wer sie unterstützt.

Von Christoph Meyer

Die Terrormiliz Islamischer Staat hat sich öffentlich zu verschiedenen Anschlägen bekannt - zuletzt zu dem koordinierten Seltmordattentaten in Paris mit 132 Toten und mindestens 350 Verletzten. Bereits im Juni war es am selben Tag zu drei Attentaten in Tunesien, Kuwait und Frankreich gekommen. Die Morde in Paris waren koordiniert. Ob das auch für die Anschläge im Juni gilt, ist unklar.

Der selbst ernannte Islamische Staat betreibt eine Propagandamaschine, wie keine andere Terrororganisation vor ihm. Anschläge werden zum Beispiel in dem aufwändig produzierten Magazin Dabiq als Erfolg vermarktet und festigen das Bild einer offenbar unbesiegbaren Miliz, die überall und jederzeit zuschlagen kann.

So funktioniert der IS

Die professionelle Pressearbeit gehört zu einer Organisation, die sich an ihrem Namen messen lassen will. Der IS verfügt über quasi-staatliche Strukturen. Das geht aus Dokumenten hervor, die der irakischen Regierung und den USA in die Hände fielen.

An oberster Stelle steht der selbsternannte Kalif Abu Bakr al-Bagdadi. Berichte, er sei bei einem Luftangriff der US-Streitkräfte schwer verletzt worden und nicht mehr in der Lage, die Terrororganisation zu leiten, konnten bislang nicht bestätigt werden.

Al-Bagdadi hat je einen Stellvertreter für Syrien und Irak. Sie gehörten früher zum Sicherheitsapparat des gestürzten Regimes von Saddam Hussein. Die Verbindung von Islamisten und ehemaligen Militärs und Geheimdienstoffizieren gilt als einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg der Terrorgruppe.

Der Führungsriege stehen so genannte "Räte" zur Seite, der Führungsrat, eine Art Kabinett, und der Schura-Rat, ein religiöses Beratungsgremium. Darunter sind die Räte für Finanzen, Sicherheit, Medien, Recht und Militär für die Umsetzung in ihrem Bereich zuständig. Das vom IS kontrollierte Gebiet ist in Provinzen unterteilt, die jeweils einem "Emir" unterstehen.

Aus den Akten des IS geht auch hervor, dass die Terroristen in den beherrschten Gebieten ein Sozialsystem und eine Art Länderfinanzausgleich aufgebaut haben.

Wie der IS an Geld kommt

Die Einnahmen der Terrororganisation stammen zum großen Teil aus Schutzgelderpressungen. Geschäftsleute in den vom IS kontrollierten Gebiet müssen offenbar hohe Zahlungen an die Dschihadisten leisten. Weitere Einnahmequellen sind Medienberichten zufolge gestohlene Devisen von irakischen Banken, der Verkauf von Öl, und Lösegelder.

Das erklärt auch, warum die Bemühungen der US-geführten Militärallianz bislang gescheitert sind, die Geldquellen des IS auszutrocknen. Die durch Luftangriffe leicht zu zerstörenden Ölförderungsanlagen tragen nur zu einem kleinen Teil zu den Einnahmen des IS bei.

Wer den IS unterstützt

Mehr als 30 000 Dschihadisten sollen für den IS unter Waffen stehen. Etwa die Hälfte der Kämpfer stammt aus Syrien und dem Irak. Die übrigen stammen aus mehr als 80 Ländern.

Gemessen an der Bevölkerungszahl hat der IS aus keinem Land mehr Zulauf als aus Tunesien. Schätzungen zufolge sollen 3000 Dschihadisten - darunter auch junge Frauen - aus dem Elf-Millionen-Staat nach Syrien und in den Irak gezogen sein, um verschiedene Terrorgruppen zu unterstützen.

"Intern nennen die Behörden noch höhere Zahlen, von 4000 bis 5000 Kämpfern ist die Rede. Mehr als 9000 Tunesier haben sie nach eigenen Angaben aufgehalten. Etwa 500 sollen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sein", schrieb SZ-Korrespondent Paul-Anton Krüger bereits im Oktober 2014 in dieser Reportage.

Sie kommen nicht nur aus der abgehängten Unterschicht, die von der auseinanderklaffenden Schere zwischen Arm und Reich frustriert ist, sondern auch aus der Mittelschicht. Studenten sind ebenso darunter wie sozial benachteiligte junge Männer, die keine Arbeit finden.

Die größten europäischen Gruppen kommen aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Während aus Frankreich 1200 stammen, sind aus Großbritannien und Deutschland jeweils 600 Dschihadisten in den heiligen Krieg aufgebrochen. Gemessen an der Bevölkerungszahl kommen die meisten Kämpfer (440) aus Belgien.

Immer häufiger wird auch über junge Frauen und Frauen mit Kindern berichtet, die aus verschiedenen Ländern nach Syrien reisen.

Wo der IS aktiv ist

In Syrien kontrolliert der IS inzwischen die Hälfte der Fläche des Landes. Dazu gehören allerdings viele unbewohnbare Wüstengebiete im Osten. Im Irak sind der sunnitisch geprägte Nordwesten und die Millionenstadt Mossul in der Hand der Islamisten.

Außerhalb Syriens und des Iraks ist Libyen das am stärksten vom IS gefährdete Land. Dort beherrscht die Terrormiliz die Hafenstadt Sirte. Weitere Ableger gibt es in Ägypten, Algerien und Jemen. Auch die islamistische Terrormiliz Boko Haram in Nigeria hat dem IS-Kalifen al-Bagdadi die Treue geschworen.

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