Urteil für IS-Sympathisantin:Safia S. zu sechs Jahren Haft verurteilt

Prozess gegen IS-Sympathisantin Safia S.

Polizisten stehen beim Prozessauftakt gegen Safia S. im Oktober 2016 vor dem Oberlandesgericht in Celle.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Das Gericht ist überzeugt, Safia S. habe den Bundespolizisten töten wollen, dies belegten Chatprotokolle.
  • Safia S. soll sich früh radikalisiert haben. Schon im Kindesalter traf sie auf den bekannten Salafistenprediger Pierre Vogel.
  • Mohamad Hasan K., der wusste, was Safia S. vorhatte, wurde zu zweieinhalb Jahren verurteilt.

Von Wiebke Ramm

Dass das Mädchen ihm mit einem Messer in den Hals stechen würde, damit hatte der Bundespolizist nicht gerechnet. Bei einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof Hannover am 26. Februar 2016 stach die 15-jährige Safia S. plötzlich zu. Der Polizist wurde lebensgefährlich verletzt. Der Generalbundesanwalt wertet die Tat als ersten, direkt von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Auftrag gegebenen Angriff in Deutschland.

Am Donnerstag hat der Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht (OLG) Celle die heute 16-jährige Safia S. nun wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung der Terrororganisation IS nach Jugendstrafrecht zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Senat unter Vorsitz von Richter Fank Rosenow verkündete das Urteil wegen des jungen Alters von Safia S. unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Safia S. den Beamten der Bundespolizei töten wollte. Mit der Tat habe sie den IS unterstützen wollen. Dies belegten nach Überzeugung des Gerichts unter anderem Chatprotokolle, die die Ermittler auf dem Handy der Jugendlichen fanden, teilte eine Gerichtssprecherin mit.

Der Verteidiger kündigte nach dem Urteil den Gang in die Revision an. Die Strafe sei zu hoch, sagte Anwalt Mutlu Günal. "Das eigentliche Versagen liegt bei der Polizei in Hannover." Wenn alle aufgepasst hätten, hätte die Tat verhindert werden können. Den Messerangriff auf einen Polizisten wertete er nur als schwere Körperverletzung. Er sah weder eine Tötungsabsicht noch die Unterstützung der Terrormiliz Islamischer Staat für erwiesen an.

Safia S. soll sich früh radikalisiert haben

Safia S. wurde in Hannover geboren, ist dort aufgewachsen und besuchte bis zu ihrer Verhaftung das Gymnasium. Ihr Vater ist Deutscher und konvertierte zum Islam, ihre Mutter stammt aus Marokko.

Safia S. soll sich früh radikalisiert haben. Schon im Kindesalter traf sie auf den bekannten Salafistenprediger Pierre Vogel. Internetvideos zeigen, wie sie neben Vogel Koranverse zitiert und er ganz begeistert ist von dem Kind.

Gut einen Monat vor der Tat war Safia S. nach Istanbul geflogen. Dort hat sie nach Überzeugung des Gerichts von IS-Mitgliedern den Auftrag für eine "Märtyrertat" in Deutschland bekommen. Zurück in Hannover soll sie über Chat Kontakt zu IS-Terroristen gehalten haben. Den Polizisten habe sie "als Repräsentanten der von ihr verhassten Bundesrepublik" töten wollen, heißt es in der Anklage der Bundesanwaltschaft.

Der 34-jährige Polizist hat als Nebenkläger am Prozess teilgenommen. Safia S. hat ihm aus der Untersuchungshaft einen Brief geschrieben und um Entschuldigung gebeten. Körperlich soll er sich inzwischen erholt haben, unter den psychischen Folgen der Tat aber soll er noch heute leiden.

Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Bundesanwaltschaft, die für Safia S. ebenfalls sechs Jahre Haft gefordert hatte. Ihre Verteidigung hatte lediglich eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung gefordert und kein Strafmaß genannt.

Der Prozess startete im Oktober 2016. 20 Tage lang wurde im Hochsicherheitssaal des OLG Celle hinter verschlossenen Türen verhandelt. Die Beweisaufnahme, die Plädoyers und auch die Urteilsverkündung erfolgten zum Schutz der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Mitwisser der Mohamad Hasan K. zu zweieinhalb Jahren verurteilt

Mit auf der Anklagebank saß Mohamad Hasan K. Der 20-jährige Deutsch-Syrer soll gewusst haben, was Safia S. plante. Weil er nicht zur Polizei ging, wurde er am Donnerstag wegen der Nichtanzeige einer geplanten Straftat zu einer Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Mohamad Hasan K. hatte vor Prozessbeginn zu fliehen versucht. In Griechenland wurde er schließlich festgenommen. Sein Verteidiger hatte Freispruch gefordert.

Dem 20-Jährigen droht nun noch ein weiterer Prozess. Er soll mit Anschlagplänen zu tun haben, die im November 2015 in Hannover zur Absage des Fußball-Länderspiels Deutschland gegen die Niederlande geführt haben. Die Ermittlungen laufen noch.

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