Irland:EU-Referendum im Zwielicht

Im Frühsommer brachten die Iren den "Lissabon-Vertrag" zu Fall - Gerüchten zufolge soll die Nein-Kampagne illegal finanziert worden sein. Jetzt hat sich das EU-Parlament eingeschaltet.

Martin Winter

Nachdem es in Irland bereits seit einiger Zeit Gerüchte über die Finanzierung der Nein-Kampagne gibt, die den "Lissabon-Vertrag" zur Reform der EU im Frühsommer bei einer Volksabstimmung auf der Insel zu Fall gebracht hatte, verlangt nun auch das Europäische Parlament nach Aufklärung.

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Die Vorsitzenden der Fraktionen forderten am Donnerstag, dass den Behörden in Dublin alle "relevanten Informationen" offengelegt würden und kündigten an, dass das Parlament den Fall weiter aufmerksam beobachten werde.

Diesen ungewöhnlichen Schritt, der einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedstaates gleichkommt, gingen die Europa-Abgeordneten, nachdem der Kopf der unter dem Namen "Libertas" auftretenden Nein-Kampagne, Declan Ganley, jetzt zugegeben hatte, dass er ihr einen Kredit in Höhe von 200.000 Euro eingeräumt habe.

Und nachdem der irische Europaminister Dick Roche öffentlich den schon öfter geäußerten Verdacht aufgegriffen hatte, dass Ganley sehr enge Beziehungen zu amerikanischen Sicherheits- und Militärkreisen unterhält. Ganley hat im Jahr 2004 angeblich "ohne öffentliche Ausschreibung" vom US Verteidigungsministerium einen Vertrag über die Lieferung von militärischem Material in Höhe von 200 Millionen Dollar bekommen.

Zeitungsberichten aus Irland zufolge untersuchen die dortigen Behörden nun, ob Ganley gegen irisches Recht verstoßen hat. Danach dürfen Privatpersonen pro Jahr nur bis zu 6348 Euro an politische Organisationen spenden und die Finanzierung politischer Gruppierungen darf - wie in den USA - nicht aus dem Ausland kommen.

Dass die Affäre inzwischen auch Brüssel bewegt, hat aber noch einen anderen Grund. Declan Ganley sucht in den anderen EU-Ländern Mitstreiter für eine Anti-EU-Liste, mit der er im kommenden Juni bei der Wahl zum Europäischen Parlament antreten will.

Der Unterstützung des dänischen Populisten Jens Peter Bonde hat er sich bereits versichert. Mit französischen Gruppen ist er im Gespräch. Und mit dem EU-skeptischen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus hat er sich bereits getroffen. Dessen Sprecher wird von der tschechischen Zeitung Lidove Noviny mit dem Satz zitiert, Klaus habe "seine Unterstützung für die Aktivitäten von Libertas zum Ausdruck" gebracht.

Das beunruhigt die demokratischen europäischen Parteien gleichermaßen. Sie befürchten inzwischen, dass sie sich bei der Europawahl 2009 einer populistischen Bewegung erwehren müssen, die sich, wie in Irland, aus dunklen Finanzquellen speist, von denen man nur weiß, dass sie stark sprudeln.

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