Irans neuer Präsident vor der Amtseinführung:Verwirrung um Rohanis Aussagen zu Israel

Vor Amtseinführung Hassan Ruhani

Irans designierter Präsident Ruhani (hier bei einer Pressekonferenz) hat den Staat Israel als "alte Wunde" bezeichnet.

(Foto: dpa)

Am letzten Freitag des Ramadan veranstaltet die Regierung in Iran seit 1979 den sogenannten Jerusalem-Tag. Der designierte Präsident Rohani äußerte sich dabei auch zum Nahostkonflikt. Zunächst waren seine Äußerungen als Hetze gegen Israel interpretiert worden, doch möglicherweise wurde er falsch zitiert.

Es sind Worte, die martialisch klingen, nach propagandistischer Hetze gegen den Todfeind Israel: "Das zionistische Regime und die Besetzung von Jerusalem sind eine Wunde am Körper der islamischen Welt, die beseitigt werden muss". So zitierte die Nachrichtenagentur Isna am Freitagmittag sowohl auf Farsi als auch in Englisch den designierten iranischen Präsidenten Hassan Rohani.

Rohani soll die Sätze TV-Reportern bei einem Interview am Rande des sogenannten Al-Kuds-Tages (Jerusalem-Tages) gesagt haben. Den Al-Kuds-Tag, der immer am letzten Freitag des Ramadan stattfindet, hat die iranische Regierung aus Solidarität mit den Palästinensern und ihrem Anspruch auf Jerusalem ausgerufen. Eingeführt wurde der Tag im Jahr 1979, kurz nachdem Ayatollah Khomeini nach der islamischen Revolution die Macht übernommen hatte.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagierte prompt und wertete die Äußerungen Rohanis als Beweis für die wahren Absichten des neuen Präsidenten: "Rohani hat sein wahres Gesicht früher als erwartet gezeigt. Dies ist es, was der Mann denkt und es ist der Aktionsplan des iranischen Regimes", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros in Jerusalem. Die Welt müsse nun aus ihren Illusionen erwachen: "Es gibt einen neuen Präsidenten, aber das Ziel des Regimes hat sich nicht verändert - Atomwaffen zu entwickeln, um Israel, den Nahen Osten und Frieden und Sicherheit in der ganzen Welt zu bedrohen." Ein Staat, der Israel mit der Auslöschung bedrohe, dürfe auf keinen Fall Massenvernichtungswaffen bekommen, sagte Netanjahu.

Doch inzwischen gibt es Zweifel daran, ob Rohanis Äußerungen so gefallen sind. Offenbar hat er in dem kurzen Interview Israel gar nicht direkt erwähnt und auch nicht davon gesprochen, dass der Staat beseitigt werden müsse. Wie der britische Guardian berichtet, hat die Nachrichtenagentur Isna seine Aussagen offenbar falsch wiedergegeben. Demnach habe Rohani nur folgende Sätze gesagt:

"In der Region gibt es seit schon lange eine Wunde auf dem Körper der Islamischen Welt". Diese liege "in dem Schatten der Besetzung des Heiligen Landes von Palästina und des geliebten Jerusalem". Weiter soll Rohani gesagt haben: "Dieser Tag heute erinnert daran, dass das muslimische Volk seine historischen Rechte nicht vergessen wird und sich weiterhin gegen Agression und Tyrannei auflehnen wird."

Gemessen an der am Al-Kuds-Tag sonst üblichen Rhetorik, kann dies als relativ moderate Bemerkung gelten. Der englischsprachige iranische Staatssender Press-TV berichtete, Rohani sei von nicht autorisierten Nachrichtenagenturen falsch zitiert worden.

Wichtigste Projekte: Atomstreit beilegen, Isolation beenden

Rohani tritt an diesem Wochenende offiziell sein Amt an - sieben Wochen nach seinem Wahlsieg. Am Samstag wird er gemäß der Verfassung vom obersten Führer, Ayatollah Ali Chamenei, als Präsident bestätigt. Am Sonntag findet die Vereidigung im Parlament statt. Dort muss Ruhani innerhalb von zwei Wochen seine Minister vorstellen. Sie benötigten die mehrheitliche Zustimmung der 290 Abgeordneten.

Obwohl Rohani als verhältnismäßig moderat gilt und eine Versöhnung mit dem Westen beabsichtigt, erwarten Experten auch unter ihm keine grundlegende Kursänderung im Syrien- oder Nahostkonflikt. So hat Rohani hat schon vor seinem Amtsantritt Syriens Präsidenten Baschar al-Assad seine Unterstützung erklärt. Das Gleiche gilt für die finanzielle und militärische Unterstützung der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas-Organisation und der Milizen der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah. Die Nichtanerkennung des Staates Israel gehört in Iran sogar zur strikten außenpolitischen Doktrin - und das dürfte auch so bleiben.

Der scheidende Präsident Mahmud Ahmadinedschad hinterlässt Rohani nach acht Jahren im Amt zahlreiche Probleme. Das Land ist politisch isoliert. Wegen der internationalen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Atomstreit steckt Iran auch wirtschaftlich in einer tiefen Krise.

Die Beilegung des Atomstreits zählt nach Ansicht von Beobachtern zu den wichtigsten Vorhaben des 64-jährigen Klerikers - nur ein Kompromiss würde es Rohani ermöglichen, die Isolierung des Landes zu beeenden und die wirtschaftliche Misere zu beenden. Dafür arbeitet Rohani schon seit Wochen an der Zusammensetzung des Verhandlungsteams bestehend aus Außenminister, Atomchef und Chefatomunterhändler. Wer die einzelnen Posten besetzen wird, steht aber immer noch nicht fest.

Als Hauptkandidat für das Amt des Außenministers wird Mohammed Dschawad Sarif gehandelt. Sarif hat in den USA Politologie und Jura studiert und war zwischen 2002 und 2007 Irans UN-Botschafter in New York.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, der desginierte iranische Präsident habe am Rande des Al-Kuds-Tages gesagt, Israel sei eine "alte Wunde im Körper der Muslime". Inzwischen gibt es Berichte darüber, dass diese Äußerungen so nicht gefallen sind. Wir haben den Artikel entsprechend korrigiert und angepasst.

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