Naher Osten:Steinmeiers Besuch in Iran und Saudi-Arabien birgt wenig Hoffnung

Außenminister Steinmeier reist in den Iran

Heikle Mission: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) steigt am 16.10.2015 in Berlin in ein Flugzeug, um nach Teheran (Iran) zu fliegen.

(Foto: dpa)

Außenminister Steinmeier reist in die am schlimmsten verfeindeten Länder der Region. Für Friedensgespräche gibt es jedoch kaum Spielraum.

Von Stefan Braun, Berlin

Anfang Oktober ist Frank-Walter Steinmeier in Kuwait gewesen. Nur für einen Tag und kaum beachtet. Trotzdem sind mit dem Besuch große Hoffnungen verbunden gewesen. Hoffnungen darauf, dass der kleine, aber reiche Golfstaat in den Großkrisen des Nahen Ostens eine vermittelnde Rolle übernehmen könnte. Aus diesem Grund hatte Steinmeier die deutsch-indischen Regierungskonsultationen genutzt, um anschließend einen Abstecher an den Persischen Golf zu machen. Getragen von der leisen Erwartung, das Land könnte vor allem ein bisschen entspannend einwirken auf die schärfsten Kontrahenten der Region, Iran und Saudi-Arabien. Die Schiiten in Teheran und die streng konservativen Sunniten in Riad belauern sich besonders scharf und führen in Syrien wie in Jemen zumindest indirekt auch Krieg gegeneinander.

Doch so gefährlich diese Konflikte sind, in Kuwait hat dieses Argument Steinmeier nicht geholfen, seine Gastgeber von einem größeren Einsatz für den Frieden zu überzeugen. Der Golfstaat mag sich mehr um sich selbst kümmern als sich in der Region zu engagieren. Also hat sich, wenn auch weitgehend unbemerkt, mal wieder eine Hoffnung zerschlagen.

Der Besuch im Iran und in Saudi-Arabien hat wenig Potenzial als Friedensmission

Wenn nicht alles täuscht, könnte sich das in den nächsten Tagen wiederholen. Diesmal fährt Steinmeier selbst nach Teheran und Riad; diesmal also wird er persönlich versuchen, zwischen Iran und den Saudis eine Brücke zu finden. Bislang indes gibt es kaum Anzeichen dafür, dass ihm das gelingen könnte. Daran dürfte vermutlich auch das im Sommer geschlossene Atomabkommen wenig ändern.

Hatte es unmittelbar danach noch größere Hoffnungen gegeben, der Atom-Deal könnte ein Einstieg sein in Gespräche auch über andere große Probleme, so scheint das inzwischen von der obersten iranischen Führung auf Eis gelegt worden zu sein. Jüngst warnte der oberste religiöse Führer des Landes, Ali Chamenei, die komplette Regierung davor, sich auf Gespräche über andere Konflikte einzulassen. Mindestens für all jene, die angesichts der Kriege in der Region auf Annäherungen gesetzt haben, war das ein herber Rückschlag.

Bestenfalls gelingt es, die Sichtweise des anderen zu vermitteln

Steinmeier wird in den zwei Tagen in Iran gleichwohl zahlreiche Spitzenpolitiker treffen. Am Samstag sind Begegnungen mit dem iranischen Außenminister Mohammed Sarif, dem Staatspräsidenten Hassan Rohani und dem früheren Präsidenten Ali-Akbar Haschemi Rafsandschani geplant. Außerdem wird Steinmeier in Teheran auf einer Konferenz auftreten, organisiert vom früheren Botschafter Wolfgang Ischinger. Bei all dem wird es keine echten Fortschritte und erst recht keine konkreten Ergebnisse geben. Stattdessen setzt Steinmeier darauf, wenigstens den Iranern die saudische und den Saudis die iranische Sichtweise näher zu bringen. Frei nach der Steinmeier'schen Überzeugung, dass Kenntnisse über die Sichtweise des Gegners vielleicht doch manch festgefahrene Front bröckeln lassen könnte.

Dazu passt, dass Berlin minutiös darauf achtet, beide Länder möglichst gleich zu behandeln. In beiden Ländern ist mehr Zeit als sonst für Gespräche; in beiden Ländern übernachtet er mindestens einmal. Und weil Steinmeier zuerst nach Iran fliegt, hat er Riad zugesagt, nach der Visite in Teheran genauestens zu berichten. Wenn schon sonst wenig gelingen kann, soll zwischen allen wenigstens ein bisschen Vertrauen wachsen.

Dieses Mal geht es nur um Politik, die Wirtschaft spielt keine Rolle

Insbesondere in Riad ist der Argwohn gegenüber jeder Form der Annäherung an Teheran groß. Genährt wird das von jeher vom Streit zwischen Sunniten und Schiiten - einem innerislamischen Konflikt, der seit Jahren immer mehr Konflikte in der Region zu überlagern droht. Hinzu kommt, dass Iran seit Monaten die schiitischen Huthi-Rebellen in Jemen unterstützt, gegen die Saudi-Arabien offen im Krieg steht. Und als ob das zur Befeuerung der Spannungen nicht ausreichen würde, verschärfte sich das Klima weiter, als Irans oberster Religionsführer Chamenei nach dem jüngsten Unglück während der Pilgerfahrt Hadsch zornig Aufklärung von den Saudis verlangte. Es heißt, die Beziehungen stünden seither auf dem "Tiefpunkt".

Eine Frage wird angesichts der vielen politischen Krisen keine Rolle spielen: die Wirtschaftsbeziehungen. Steinmeier hat keine Wirtschaftsvertreter mit an Bord. Diesmal reisen Bundestagsabgeordnete und einige Kulturschaffende mit. Und die werden sich eher um die Menschenrechte als um die Auftragslage kümmern. Amnesty International mahnte Steinmeier, er müsse die miserable Lage offen ansprechen. Interessant wird sein, wie laut er das machen wird angesichts seiner Hoffnungen, beide Länder für eine Befriedung in Syrien zu gewinnen.

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