Iran: Steinigung wegen Ehebruch:Schleierhaftes Geständnis

Die Iranerin, die wegen Ehebruchs gesteinigt werden soll, hat im staatlichen Fernsehen ein Geständnis abgelegt. Vor der Aussage soll sie zwei Tage lang schwer misshandelt worden sein.

Rudolph Chimelli

Iran sorgt sich wieder einmal um sein Bild in der Welt, nachdem der Fall der zur Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi Aschtiani außer Kontrolle geraten war. Am Donnerstag legte die Frau für das staatliche Fernsehen ein Geständnis ab.

Sakineh Mohammadi-Aschtiani

Vor ihrer Aussage im iranischen Fernsehen soll Sakineh Mohammadi Aschtiani zwei Tage lang misshandelt worden sein, sagt einer ihrer Anwälte.

(Foto: dpa)

Bild und Ton des Interviews, das im Gefängnis von Tabris aufgenommen wurde, haben jedoch sofort Zweifel geweckt: Von der 43-jährigen Frau, gehüllt in einen schwarzen Tschador, waren im Halbprofil nur die Nase und ein Auge zu sehen. In der Hand hielt sie einen Zettel. Sie sprach mit schwacher Stimme in ihrem heimatlichen Aseri-Dialekt. Ihre Aussagen wurden von einer lauteren Stimme auf Farsi übertönt.

Einer ihrer Anwälte, Houtan Kian, sagte der britischen Zeitung Guardian, seine Mandantin sei zwei Tage lang schwer geprügelt worden, bis sie zur Aussage bereit gewesen sei. Er hat inzwischen einen 35-seitigen Schriftsatz beim zuständigen Gericht eingereicht und hofft auf Begnadigung. Ob der Verurteilten Zusagen als Gegenleistung für das Geständnis gemacht wurden, ist nicht bekannt.

In dem Interview bekannte sich Sakineh Aschtiani zur Beteiligung an der Ermordung ihres Mannes und zu intimen Beziehungen zu dessen Cousin. Der habe ihr in allen Einzelheiten gesagt, auf welche Weise er den Mann umbringen wolle, sie habe das jedoch nicht ernst genommen. Der Staatsanwalt von Ost-Aserbaidschan legte vor der Kamera dar, die Frau habe ihren Mann mit einer Spritze eingeschläfert. Dann habe der Cousin den Bewusstlosen in die Badewanne geschleppt und mit Strom getötet.

Der mutmaßliche Mörder selber ist in Freiheit, weil die beiden gemeinsamen Kinder des Getöteten und Sakinehs ihm verziehen haben. Dies ist nach islamischem Recht möglich, wenn die nächsten Verwandten des Opfers ihm das Leben schenken.

Mord wird mit dem Tod bestraft, Ehebruch mit Steinigung

Die Aufmerksamkeit der Welt aber galt Sakineh und dem Steinigungs-Urteil, sehr zum Missfallen der Führung. Nach den Protesten wurde die Steinigung zunächst ausgesetzt. Seither bemühen sich Justiz und beauftragte Meinungsmacher, den Fall auf Mord umzubiegen. Mord kann gleichfalls mit dem Tod bestraft werden, aber nicht durch Steinigung. Ehebruch wird hingegen durch Steinigung bestraft.

In ihrem Fernsehauftritt beschuldigte Sakineh Aschtiani denn auch ihren anderen Anwalt Mohammed Mostafaei, der sich vor Verhaftung durch Flucht entzogen hat. Sie behauptete, ihn nie gesehen zu haben, und warf ihm vor, ihre Familie durch Lügen in Schande zu bringen. Mostafaei sagte unterdessen in Norwegen, er habe Sakineh Aschtiani im Gefängnis gesehen und sei ihr Anwalt.

Bleibt das Fernsehen, bei dem offensichtlich die Verantwortlichen jedes Gefühl dafür verloren haben, wie die TV-Szenen in Iran und im Ausland wirken. Als nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad Reform-Anhänger vor Gericht absurde Selbstbezichtigungen vorbrachten, sagte der im Exil lebende Regisseur Mohsen Makhmalbaf: "Wenn der Geistliche Führer zwei Tage lang so behandelt würde wie die Häftlinge in den Gefängnissen, würde er vor der Kamera Bauchtanz aufführen."

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