Iran:Chamenei mahnt zur Ruhe

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Der geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hat sich mit Vertretern der Wahlverlierer getroffen. Indes ist die Polizei um Deeskalation bemüht.

Rudolph Chimelli

Weitere Proteste

Anhänger des unterlegenen iranischen Präsidentschaftskandidaten Mir Hussein Mussawi wollen ihren Protest gegen den angeblichen Wahlbetrug mit täglichen Märschen in Teheran und anderen Städten fortsetzen. Dies kündigte ein Mitglied des Stabes von Mussawi, Mohammed Omidian, an. Für Mittwoch war zum dritten Mal seit Beginn der Woche eine solche Demonstration in der Hauptstadt angesetzt.

Sie sollte am Nachmittag beginnen, wurde abgesagt, kam dann aber doch in Gang. Mehdi Karrubi, ein anderer unterlegener Kandidat, hatte zudem zu drei Trauertagen für die von regimetreuen Bassidsch-Milizen getöteten Studenten und andere Opfer der Repression aufgerufen. Auch Mussawi forderte die Iraner auf, um die Toten zu trauern.

Am Vortag hatte ein starkes Polizeiaufgebot einen drohenden Zusammenstoß zwischen Anhängern Mussawis und Demonstranten für den amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad verhindert. Bewaffnet mit Ketten und Äxten, marschierten militante Parteigänger des Staatschefs nach Ende ihrer Versammlung die Wali-Asr-Allee, Teherans Nord-Süd-Achse, bis zum Wanak-Platz empor, wo sich Zehntausende von Mussawi-Anhängern getroffen hatten. Die Polizei hielt die beiden Parteien stundenlang getrennt. "Wir müssen unser Land wieder verteidigen wie im Krieg mit dem Irak", heizte ein Bassidsch-Organisator die Stimmung auf seiner Seite an.

Ausschreitungen von Schurken

Offensichtlich wollte die Polizei neues Blutvergießen verhindern. Auch der Verlauf eines Treffens des geistlichen Führers Ali Chamenei mit Vertretern aller vier Kandidaten ist dafür ein Indiz. Er bescheinigte den Rivalen Ahmadinedschads, sie seien sämtlich loyal gegenüber der Islamischen Republik.

Damit rückte er ein Stück weit von seiner Position im Wahlkampf ab, als er die Stimmbürger aufgefordert hatte, keine Kandidaten zu wählen, die vom Ausland begünstigt würden. Die Ausschreitungen während der Demonstrationen der letzten Tage sind laut Chamenei nicht von Anhängern der Kandidaten, sondern von "Schurken" verübt worden. "Niemand sollte etwas tun, was die Spannungen verschärft", mahnte der geistliche Führer.

Unverändert geht indessen die Repression weiter. In der Provinz Isfahan drohte ein Staatsanwalt, Mohammed Resa Habibi, Aufrührern mit der Todesstrafe. "Wir warnen die wenigen, von Ausländern gesteuerten Elemente, dass das Gesetz die Hinrichtung von Leuten vorsieht, die Krieg gegen Gott führen, indem sie die öffentliche Sicherheit gefährden, Zerstörungen anrichten oder Brände legen", sagte er der Agentur Fars.

In mehreren Städten überfielen Bassidsch-Milizen in der Nacht zum Mittwoch Studentenheime. Sie prügelten Studenten, demolierten die Einrichtung und nahmen Verhaftungen vor. Ein Video aus Isfahan zeigte einen angeblich von Bassidsch getöteten Studenten.

Zwei prominente Autoren, Saied Lailas und Hamid Resa Dschalaipur, die von ausländischen Korrespondenten oft interviewt wurden, sind am Mittwoch früh verhaftet worden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen teilte in Paris mit, elf Journalisten seien bisher in Teheran verhaftet worden. Zehn weitere seien verschwunden.

© SZ vom 18.6.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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