Iraks Premier Maliki:Der Mann, der alles falsch machte

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Iraks Premier unter Druck: Nouri al-Maliki (Foto: AP)

Machtbewusst, humorlos, trickreich: Der irakische Premierminister Nuri al-Maliki hat in den vergangenen Jahren für sich selbst alles richtig, für sein Land aber alles falsch gemacht. Jetzt wenden sich sogar prominente Unterstützer ab.

Von Tomas Avenarius

Der starke Mann lacht nie. Und: "Er bedankt sich nicht, er bittet nie um Verzeihung". Selbst engen Weggefährten fällt die Verbissenheit des irakischen Premierministers auf. Nuri al-Maliki ist kein Sympathieträger. Der 63-Jährige geht ungern Kompromisse ein. Weshalb die Aussichten gering sind, der ehemalige Lehrer könnte nun, in der Stunde ärgster Bedrängnis, auf US-Drängen hin sein Amt aufgeben. Obwohl sich alle irakischen und internationalen Kritiker einig sind, dass es Malikis Politik der konsequenten Ausgrenzung der Sunniten ist, die das arabische Land unter dem Ansturm militanter Islamisten an den äußersten Rand eines Bürgerkriegs gebracht hat. US-Senator John McCain hat es auf den Punkt gebracht: Maliki sei das Problem. "Obama muss ihm klarmachen, dass seine Zeit abgelaufen ist."

US-Präsident Barack Obama hat Maliki jetzt zwar notgedrungen die Hilfe von 300 US-Militärberatern angeboten, die der kopflos kämpfenden Armee Bagdads helfen sollen, gegen die militanten Sunniten vom "Islamischen Staat im Irak und in Großsyrien" (Isis) vorzugehen. Obama sagte aber auch, die USA könnten nicht erneut Zehntausende Soldaten in den Irak schicken und das Leben ihrer Soldaten opfern. "Am Ende sind es Probleme, die die Iraker selbst lösen müssen." Diplomatisch fügte er an, dass es nicht an den Amerikanern liege, die irakischen Führer auszusuchen. Und stellte klar, was er erwartet: "Nur Politiker mit einer alle Gruppen umfassenden Agenda können das irakische Volk wieder zusammen führen." Was heißt: Die Regierung in Bagdad muss endlich alle irakischen Volksgruppen in den politischen Prozess einbeziehen, vor allem die Sunniten an der Macht beteiligen. Genau das Gegenteil aber hat der Premier seit seinem Amtsantritt 2006 getan: Sein Name steht für die Ausgrenzung der Sunniten.

Die Sunniten sind politisch schwach

Den Schiiten Maliki zum Rücktritt zu bewegen, dürfte schwierig sein. Zum einen hat seine "Rechtsstaats-Partei" gerade die Parlamentswahl gewonnen. Auch wenn noch kein Kabinett steht, verleiht der Wahlerfolg dem amtierenden Premier Gewicht. Und die Opposition ist schwach. Der frühere Übergangspremier Ijad Allawi, ein säkularer Schiit, fordert zwar eine "Regierung der nationalen Einheit". Allawi aber konnte 2010 trotz seines Wahlsiegs mit knapper Stimmenmehrheit keine Koalition zwischen den Parteien schmieden. Maliki schon: Obwohl er die Wahl rechnerisch verloren hatte, bildete er nach zehnmonatigem Geschacher ein Kabinett.

Bis heute streiten die islamistischen Kräfte unter den Schiiten miteinander. Auf der einen Seite steht der hitzköpfige Prediger Muktada al-Sadr mit seiner Partei und seiner Miliz. Auf der anderen findet sich der "Hohe Islamische Rat", der ebenfalls eigene Kämpfer hat. Wieder andere Schiiten sind in Malikis "Rechtsstaat" zu Hause.

Die Sunniten selbst sind politisch schwach. Das hat ihr schlechtes Abschneiden bei den Parlamentswahlen gezeigt. Vor allem sind sie führungslos, Maliki hat viele ihrer Politiker ausgeschaltet. Iraks sunnitischer Vize-Präsident Tarik al-Haschemi zum Beispiel musste in die Türkei fliehen: Ein Gericht hatte den populären Sunniten-Politiker auf Basis dünner Terror-Vorwürfen zum Tode verurteilt.

Bleiben die Kurden, die als dritte Volksgruppe Mitsprache haben. Sie konzentrieren sich auf ihr Autonomiegebiet im Norden, in dem sie wie in einem fast unabhängigen Staat herrschen. Die Kurden liegen mit Maliki im Dauerstreit um die Verteilung der Öleinnahmen und eine noch stärkere Ausgestaltung ihrer Autonomie. Ihr Führer und Präsident Massud Barsani hat Maliki gewarnt: Die dauernde Ausgrenzung der arabischen Sunniten drohe das Land zu zerreißen.

Maliki ist stark - noch

Maliki ist dennoch in einer relativ starken Position. Zum Kampf gegen die Militanten mobilisiert er jetzt erfolgreich die verschiedenen schiitischen Milizen. Und als amtierender Regierungschef ist er in Personalunion auch noch Verteidigungs- und Innenminister, außerdem kontrolliert er die Geheimdienste: Der misstrauische Machtmensch hat diese Posten mit Absicht nie besetzt. Ein Politiker aber, der Armee und Polizei kontrolliert, lässt sich schwer per Verschwörung aus dem Amt putschen.

Und noch einen Bonus hat Maliki: Der schiitische Premier weiß Iran hinter sich. Die Islamische Republik als schiitische Führungsnation hat größten Einfluss im mehrheitlich ebenfalls schiitischen Irak. Bisher war Maliki dienlich, hat iranische Politik umgesetzt. Fallen lassen würden die Perser ihn nur, wenn ein anderer Schiit bereit stehen würde, ihnen Einfluss im Nachbarland zu garantieren.

Allerdings: Jetzt hat Ayatollah Ali al-Sistani, geistlicher Führer der Schiiten im Irak, dem sturen Premier politisch das Messer an die Kehle gesetzt. Er erklärte, der Irak brauche endlich eine effiziente Regierung: "Sie muss auf nationaler Ebene akzeptiert sein", so der Ayatollah, "und die Fehler der Vergangenheit vermeiden".

© SZ vom 21.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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