Irakisches Atomwaffenprogramm:Bush räumt Falschinformation ein

Erstmals hat die US-Regierung zugegeben, dass die Rechtfertigung für den Irak-Krieg auf teilweise falschen Behauptungen beruhte. Bush hatte wider besseres Wissen berichtet, Saddam Hussein habe versucht, in Afrika Uran zu kaufen.

Wolfgang Koydl

(SZ vom 09.07.2003) - Es geht um die Behauptung, der Irak habe versucht, in der afrikanischen Republik Niger Uran für ein illegales Atomwaffenprogramm zu kaufen. Bush hatte diesen Vorwurf mehrmals wiederholt, obwohl eine Untersuchung des Geheimdienstes CIA ergeben hatte, dass der Vorwurf unrichtig war.

Das Weiße Haus reagierte mit dem Eingeständnis auf den Schlussbericht des britischen Irak-Untersuchungsausschusses, der am Montag die britische Regierung wegen der Hinweise auf den angeblichen Uran-Kauf gerügt hatte. Darüber hinaus berichtete die Washington Post, ein ungenannter Sprecher der US-Regierung habe eingeräumt, dass Bush die angeblichen Uran-Käufe Bagdads nicht hätte erwähnen sollen.

"Nach allem was wir heute wissen, hätte die Bemerkung über den Versuch des Irak, in Afrika Uran zu erwerben, nicht in die Rede zur Lage der Nation aufgenommen werden dürfen", zitierte die Zeitung den Sprecher. Die Äußerung des Sprechers sei ausdrücklich vom Weißen Haus autorisiert worden.

Geheimdienstberichte sind falsch gewesen

Wie die Washington Post weiter berichtete, räumte die Bush-Regierung damit ein, dass Geheimdienstberichte, die Bushs Rede zu Grunde lagen, falsch gewesen seien.

Dies ist umso bemerkenswerter, als mittlerweile bekannt wurde, dass der CIA Berichte über Uran-Käufe in Niger schon ein Jahr zuvor als falsch eingestuft hatte. Zu diesem Ergebnis war der amerikanische Ex-Diplomat Joseph Wilson gekommen, der im Auftrag der CIA nach Niger gereist war, um den Vorwürfen auf den Grund zu gehen.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit britischer Geheimdienstinformationen

Ein Bericht des Auswärtigen Ausschusses des Unterhauses hatte den britischen Premier Tony Blair vom Vorwurf entlastet, die Abgeordneten des Parlaments mit irreführenden Informationen zur Rechtfertigung des Krieges gegen den Irak getäuscht zu haben. Zugleich aber hatte der Bericht die Glaubwürdigkeit britischer Geheimdienstinformationen in Zweifel gezogen.

Bush hatte sich bei seiner Äußerung über angebliche Verbindungen zwischen dem Irak und Niger ausdrücklich auf diese britischen Berichte bezogen. Wie ein hohes Mitglied der Bush-Administration der Washington Post ergänzend mitteilte, enthält ein im vergangenen September abgeschlossener US-Geheimdienstbericht Hinweise auf Versuche irakischer Agenten, nicht nur in Niger, sondern auch in Namibia und Gabun waffentaugliches Uran zu erwerben.

"Berichte nur skizzenhaft"

Diese Berichte über "mögliche Versuche" waren jedoch nach den Worten eines Geheimdienstlers "alle ein wenig skizzenhaft". Ein weiterer Vertreter des Weißen Hauses teilte mit, dass britische und amerikanische Dienste Hinweise auf die Niger-Verbindung vom Geheimdienst eines dritten Landes erhalten hätten. Dabei soll es sich nach anderen Informationen um Italien gehandelt haben.

Blair bestritt am Dienstag, vor dem Irak-Krieg die Beweise gegen den Irak falsch dargestellt zu haben. In einer Befragung durch Parlamentarier wies er den Ausschuss-Bericht "rigoros" zurück. "Ich habe absolut keinen Zweifel, dass wir Beweise für Massenvernichtungswaffen-Programme finden werden", sagte er. Als "unwahr" bezeichnete Blair den Vorwurf seiner ehemaligen Entwicklungsministerin Clare Short, er habe schon im September den Zeitplan für den Krieg festgelegt.

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