Irak:Schiiten-Prediger nach Wahl vorn

Die Iraker haben bei der Parlamentswahl mit dem Regierungschef Haidar al-Abadi abgerechnet. Der schiitische Geistliche Moqtada al-Sadr liegt nach ersten Ergebnissen überraschend vorn.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Iraker haben bei der Parlamentswahl mit der bislang herrschenden Politikerkaste und dem von Korruption zerfressenen Regierungssystem abgerechnet: Viele entschieden sich für einen Wahlboykott, sodass die Beteiligung von 62 Prozent auf 44,2 Prozent fiel. Und jene, die zur Wahl gingen, verhalfen dem populistisch-nationalistisch auftretenden Schiiten-Prediger Moqtada al-Sadr zu einem überraschenden Wahlsieg. Nach Auszählung von zehn der 18 Provinzen, darunter in Bagdad und Basra die beiden wichtigsten, lag laut der Wahlkommission Sadrs Sairun-Liste mit 54 von 329 Mandaten in Führung. Sadr war ein Bündnis mit den Kommunisten und liberalen Parteien eingegangen und will ein Technokraten-Kabinett durchsetzen. Iran hat jedoch angekündigt, man werde nicht zulassen, dass sein Bündnis Irak regiere. An zweiter Stelle lag der eng mit Iran verbündete schiitische Milizenführer Hadi al-Ameri, auf dessen Fatah-Liste aber auch Sunniten kandidierten; sie kam auf 47 Sitze. Die Nasr-Liste des amtierenden Premiers Haidar al-Abadi schnitt mit 42 Mandaten schwächer ab als erwartet. Abgestraft wurde Ex-Premier Nuri al-Maliki mit nur 25 Sitzen, der sich als Vertreter der schiitischen Bevölkerungsmehrheit und enger Verbündeter Irans gezeigt hatte. Die stärkste Fraktion stellt nicht automatisch den Premier. Er muss wie alle Minister vom Parlament bestätigt werden, was langwierige Koalitionsverhandlungen erwarten lässt. Sadr ist selbst nicht angetreten und kann damit nicht Premier werden, er wird auch kein anderes Regierungsamt bekleiden.

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