Irak: Parlamentswahl:Maliki plant neue Regierung

Iraks Premierminister al-Maliki erhebt nach der Parlamentswahl Betrugsvorwürfe, bereitet aber dennoch Gespräche zur Regierungsbildung vor. Er sieht sich als Sieger.

Tomas Avenarius, Kairo

Der irakische Premierminister Nuri al-Maliki erhebt nach der Parlamentswahl Betrugsvorwürfe, bereitet aber dennoch Gespräche zur Regierungsbildung vor. Neun Tage nach der Wahl forderten Vertreter des Regierungschefs, dessen Parteienkoalition Rechtsstaat Teilergebnissen zufolge vor den anderen Parteien liegt, eine Neuauszählung aller Stimmen.

Mitarbeiter der irakischen Wahlkommission hätten die bisherige Stimmenbilanz manipuliert, behauptete Ali al-Adib, einer der Rechtsstaat-Kandidaten bei der Wahl. Europäische Diplomaten in Bagdad sahen die Fälschungsvorwürfe im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung als womöglich berechtigt, aber für das Wahlergebnis unerheblich an. Unklar blieb, weshalb Maliki trotz der Forderung nach einer Neuauszählung begann, Gespräche mit anderen Parteien für ein neues Kabinett zu suchen.

Die Teilauszählung der zweiten Parlamentswahl nach dem Sturz der Saddam-Diktatur 2003 sieht Malikis nationalistisches Bündnis knapp vor der säkular ausgerichteten Irakija-Liste von Ex-Premier Ijad Allawi. An dritter Stelle folgt die Nationale Allianz der islamistisch orientierten Schiiten-Parteien. Vielerorts war die Auszählung der Stimmen chaotisch verlaufen, von Anfang an gab es Betrugsvorwürfe.

Der Premier selbst hatte gesagt, es gebe Manipulationen bei der Auszählung. Diese würden aber "nichts am Gesamtergebnis" ändern. Nun erhebt auch sein Parteienbündnis Fälschungsvorwürfe. Die Wahlkommission verlangte Beweise. Europäische Diplomaten warnten davor, die bisherigen Auszählungsergebnisse als relevant anzusehen. "Erst in zwei, drei Tagen wird es belastbare Teilergebnisse geben." Fälschungen gebe es zweifelsohne. Sie seien wegen des ausgeklügelten Auszählungssystems aber "keinesfalls massiv".

Dass sich Maliki dennoch bereits als Sieger fühlt, zeigt sich an der offiziell bekanntgegebenen Vorbereitung von Gesprächen zu Regierungsbildung. Das Rechtsstaat-Bündnis, dessen Kern Malikis islamistische Dawa-Partei bildet, hofft auf eine Zusammenarbeit mit den Kurden.

Die beiden großen Kurdenparteien KDP und PUK haben die Wahl im kurdischen Norden offenbar gewonnen. Sie saßen bisher in der Regierung und wollen dies wieder tun. Sie fordern aber, dass der bisherige Präsident und Kurde Dschalal Talabani wieder Staatschef wird.

Die politisch bisher unbedeutenden Sunniten haben gefordert, der Präsident des mehrheitlich arabischen Irak müsse Araber sein. Sie sind nach der Parlamentswahl stärker: Die von ihnen favorisierte Irakija-Liste ist auf dem zweiten Platz. Außerdem beanspruchen die Kurden, dass die ölreiche Provinz um die Stadt Kirkuk Teil des halbautonomen Kurdengebiets im Nordirak wird. Dies lehnen Araber und Turkmenen ab. Sie wollen, dass Kirkuk von der Zentralregierung verwaltet wird.

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