Irak:Blair entschuldigt sich für Misshandlungen

"Wir entschuldigen uns zutiefst bei jenen, die von unseren Soldaten misshandelt worden sind", sagte Blair. Sein Verteidigungsminister Geoff Hoon soll allerdings schon seit einem Jahr von den Vorwürfen gewusst haben und muss heute dem Unterhaus Rede und Antwort stehen.

Blair sagte in einem Interview mit dem französischen Fernsehen, das Verhalten der beschuldigten britischen Soldaten sei "vollkommen inakzeptabel". Aus Blairs Büro hieß es, die Entschuldigung des Premierministers dürfe nicht als Eingeständnis gewertet werden, dass alle Anschuldigungen zutreffend seien.

Blair kündigte an, die Verantwortlichen würden entsprechend der Militärregeln bestraft. Zugleich betonte Blair, die meisten britischen Soldaten verhielten sich korrekt. "Die Taten einiger weniger Leute, die Schande über die Armee gebracht haben, sollten nicht von der Arbeit ablenken, die die große Mehrheit leistet."

Regierung will Rot-Kreuz-Bericht unter Verschluss halten

Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon muss zu den Foltervorwürfen am heutigen Montag Stellung nehmen. Insbesondere geht es dabei um die Frage, seit wann die Regierung von den Vorfällen in Gefängnissen in Irak wusste.

Die Regierung in London musste einräumen, dass sie bereits im Februar einen Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz erhalten hatte, in dem die Misshandlungsvorwürfe dargelegt worden seien. Die Regierung will den Report allerdings nicht veröffentlichen, wie von der Opposition und auch dem früheren Außenminister Robin Cook gefordert.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, sie habe die britische Regierung bereits im Mai vergangenen Jahres darüber informiert, dass Häftlinge in Basra gefoltert worden seien. Mindestens ein Gefangener sei an den Folgen gestorben. Es habe sogar ein Treffen mit Regierungsvertretern gegeben. Weitere Warnungen habe man dem Verteidigungsminister im Juli und Oktober vergangenen Jahres übermittelt, den schließlich eine Untersuchung versprochen habe.

Erster Prozess in den USA noch im Mai

Unterdessen soll in den USA bereits am 19. Mai der Prozess gegen einen 24-jährigen Militärpolizisten aus Pennsylvania eröffnet werden, der an den Misshandlungen im Abu-Gharib-Gefängnis bei Bagdad beteiligt gewesen sein soll. Um die Empörung in der arabischen Welt zu besänftigen soll der Prozess vor einem Militärgericht entgegen des üblichen Vorgehens öffentlich zugänglich sein und arabische Fernsehsender zur Berichterstattung eingeladen werden.

Sechs weitere angeklagte Soldaten befinden sich laut einem Bericht der New York Times offenbar noch im Irak und sollen möglicherweise noch dort abgeurteilt werden. Die Strafen würden dann aber in den USA vollzogen.

Auch ranghohe Mitglieder der US-Regierung sollen bereits seit Januar über die Misshandlungen irakischer Gefangener informiert gewesen sein. US-Außenminister Colin Powell, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz seien von dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, persönlich auf die Missstände hingewiesen worden, sagte IKRK-Sprecherin Nada Dumani in einem Interview mit Spiegel TV. Im Februar sei ein entsprechender Bericht an den US-Zivilverwalter in Irak, Paul Bremer, sowie an den Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, Ricardo Sanchez, übergeben worden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: