Interview:Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über Möllemann

Die bayerische Landesvorsitzende gilt als eine der letzten Linksliberalen der FDP. Den Kurs des Verbandes in Nordrhein-Westfalen findet sie parteischädigend.

Interview: Cathrin Kahlweit

SZ : Wie bewerten Sie das gegenwärtige Verhalten von Jürgen Möllemann?

Interview: Gilt als prinzipientreu: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Gilt als prinzipientreu: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

(Foto: Archiv)

Leutheusser-Schnarrenberger : Ich halte die Entscheidung, die er mit aller Macht durchziehen und mit der er seine Machtbasis in Nordrhein-Westfalen stärken will, für falsch. Ich finde es extrem enttäuschend und illoyal, wie er sich als Stellvertreter gegenüber dem Parteivorsitzenden verhält. Es wäre seine Aufgabe, Guido Westerwelle zu stützen. Außerdem ist das Bedienen von antisemitischen Ressentiments von Möllemann ausgegangen, und das werfe ich ihm vor.

SZ : Steckt eine Strategie dahinter?

Leutheusser : Möllemanns Berater Fritz Goergen hat vor rund 15 Jahren schon mal ein Papier über eine Haiderisierung der Partei verfasst, das ich nicht mehr vorliegen habe. Aber bereits damals gab es sehr wohl einige, die glaubten, ein rechtspopulistischer Kurs könne der Partei in der Zukunft gute Ergebnisse bringen. Manfred Brunner in Bayern und Heiner Kappel in Hessen haben so etwas versucht und sind gescheitert. Doch das war nie eine ernsthafte Gefahr für die FDP. Aber Herr Goergen ist ja wohl der enge Berater von Möllemann, und ich denke, dass Möllemann auf Goergen hört.

SZ : Wie schätzen Sie die Rolle Guido Westerwelles ein?

Leutheusser : Er findet die Debatte kontraproduktiv. Und er teilt die Auffassung, dass es zu Lasten der FDP geht, wenn das Profil der Partei auf diese Weise verwässert wird. Das müssen wir thematisieren, damit die Rechtspopulisten, die es gut fänden, wenn eine Partei offen ein paar Worte zu den Juden sagen würde, sehen, dass es dafür in der FDP keine Heimat gibt.

SZ : Müsste Westerwelle seinem Vize nicht entschiedener Einhalt gebieten?

Leutheusser : Ein Parteivorsitzender hat auch die Aufgabe, den Laden zusammen zu halten. Wir sind 112 Tage vor der Bundestagswahl, das muss auch Guido Westerwelle berücksichtigen.

SZ : Kriegt der bayerische Landesverband auch waschkörbeweise Aufnahmeanträge von Rechtspopulisten, wie das in NRW offenbar der Fall ist?

Leutheusser : Nein, das nicht. Wir bekommen aber viel Post, in der überwiegend steht, endlich dürfe man mal die Juden oder Israel kritisieren. In der Mehrheit sind das ältere Menschen, die die Debatte wiederbeleben wollen, Auschwitz habe es nicht gegeben.

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