Interview mit Ole von Beust:"Gegen eine Dämonisierung der Linken"

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust will lieber Wahlkampf ohne die reißerischen Themen des CDU-Parteifreunds Roland Koch machen. Er setzt auf Integration, findet Christian Wulff gut und ist gegen eine Ausgrenzung der Linkspartei.

Jens Schneider und Oliver Das Gupta, Hamburg

Außenalster, Schöne Aussicht 26: Ole von Beust hat zum Interview in das schmucke Gästehaus des Hamburger Senats gebeten. Die Zeit scheint hier anno 1900 stehengeblieben zu sein: Büsten zieren den Eingangsbereich, die Einrichtung der Räume besteht aus antiken Möbeln, an den Wänden hängen Ölbilder der Canaletto-Schule, nur das Notebook auf einem alten Sekretär erinnert ans 21. Jahrhundert. Das gediegene, hanseatische Pendant zum bayerischen Bild von Laptop und Lederhosen.

Ole von Beust

Ole von Beust während des Interviews

(Foto: Foto: Das Gupta)

sueddeutsche.de: Herr von Beust, die CDU hat bei der Wahl in Hessen massiv verloren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für Ihren eigenen Wahlkampf?

Ole von Beust: Hessen ist Hessen und Hamburg ist Hamburg. Wir sind Norddeutsche, und deshalb finde ich es eher interessant, wie es Christian Wulff in Niedersachsen gelungen ist, so ein gutes Ergebnis zu erreichen.

sueddeutsche.de: Also wählen Sie Wulffs Rezept?

Beust: Ja - mit einer deutlich positiven Bilanz, mit einem sehr stark auf seine Person zugeschnittenen Wahlkampf und mit einer nicht zuspitzenden, sondern argumentativen, gelassenen norddeutschen Art. So werde auch ich den Wahlkampf führen.

sueddeutsche.de: Roland Koch galt bis zuletzt als zweitmächtigster Politiker in der CDU, nach der Kanzlerin. Ist es nach der Hessen-Wahl nun vorbei mit dem Machtfaktor Koch in der Union?

Beust: Das denke ich nicht.

sueddeutsche.de: Aber das Wahldebakel hat doch Auswirkungen auf seine Position.

Beust: Wahlsieger stehen immer besser da, als wenn es nicht so gut gelaufen ist. Auf der anderen Seite schätzen ich und viele andere Roland Koch wegen seiner Intelligenz, seines strategischen Denkens und seiner unglaublichen charakterlichen Zuverlässigkeit. Auch ein enttäuschendes Ergebnis ändert nichts an diesen Eigenschaften.

sueddeutsche.de: Wie wollen Sie denn mit dem Thema Jugendkriminalität im Wahlkampf umgehen?

Beust: Ich halte nichts davon, das Thema Jugendkriminalität nur auf ausländische Täter oder solche mit Migrationshintergrund zu beschränken. Wenn Menschen gewalttätig sind, ist es mir egal, ob es Ausländer oder Deutsche sind. Außerdem wäre es falsch, die Maßnahmen auf Repression zu beschränken. Der Warnschussarrest ist sicherlich eine gute Idee, aber die entscheidende Frage lautet: Was können wir tun, damit die Leute nicht kriminell werden?

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Ole von Beust zu der Option Schwarz-Grün sagt und welche Versäumnisse er bei Rot-Grün und der Union in der früheren Integrationpolitik sieht.

"Gegen eine Dämonisierung der Linken"

sueddeutsche.de: Sie haben in dem offenen Brief ein Umdenken der CDU in der Integrationspolitik gefordert. Was soll da passieren?

Interview mit Ole von Beust: Die Hamburger CDU setzt voll und ganz auf das Konterfei des in der Stadt beliebten Bürgermeisters.

Die Hamburger CDU setzt voll und ganz auf das Konterfei des in der Stadt beliebten Bürgermeisters.

(Foto: Foto: dpa)

Beust: Beide großen Volksparteien haben in Sachen Integrationspolitik bis in die neunziger Jahre hinein große Fehler in gemacht. SPD und Grüne propagierten eine Multikulti-Romantik - in der naiven Hoffnung, die Integration regele sich von alleine. Und auch wir von der Union schoben die Problematik beiseite.

sueddeutsche.de: Und was wollen Sie jetzt ändern?

Beust: Die Wahrheit ist: Wir müssen uns massiv um die Integration kümmern. In Hamburg haben wir damit angefangen, das werden wir auch weiter tun.

sueddeutsche.de: Wie zum Beispiel?

Beust: Wir haben Sprachtests für Kindern vor der Einschulung eingeführt. Und wenn es Defizite gibt - übrigens ist das teilweise auch bei deutschen Kindern der Fall -, dann gibt es kostenlosen und verpflichtenden Deutsch-Unterricht. Wir haben in Gegenden mit hohem Ausländeranteil die Größen der ersten Grundschulklassen auf unter 20 Kinder gesenkt. Ich habe dafür gesorgt, dass dort, wo die Stadt ausbildet, der Anteil der Azubis mit Migrationshintergrund bei inzwischen über zehn Prozent liegt, Tendenz steigend. Als wir an die Regierung kamen, war diese Zahl nicht einmal halb so groß.

sueddeutsche.de: Wenn die Integration nicht ihr Kernthema ist: Welche Themen sollen dann in Ihrem Wahlkampf zünden?

Beust: Wir werden da nicht plötzlich mit Überraschungen und unerwarteten Wahlkampfknallern kommen. So kann man doch nicht Politik machen. Man darf die Leute nicht für dumm verkaufen. Ich setze auf Ruhe, auf Glaubwürdigkeit und Authentizität. Auch die persönliche Sympathie, die mir entgegengebracht wird, sehe ich als große Chance. Ich werde mich persönlich sehr in diesem Wahlkampf engagieren.

sueddeutsche.de: Trotzdem laufen Sie Gefahr, Ihr Wahlziel - die Verteidigung der absoluten Mehrheit - zu verfehlen. In den Umfragen sind Sie weit davon entfernt. Der Wunschkoalitionspartner FDP kommt womöglich nicht in die Bürgerschaft ...

Beust: ... bei den Wahlen in Hessen und Niedersachsen bekam die FDP in den Städten teilweise zweistellige Ergebnisse ...

sueddeutsche.de: Aber in Hamburg sind die Liberalen seit Jahren schwach, sie spielen in der Wahrnehmung fast keine Rolle. Woran liegt das?

Beust: Wenn man einmal eine gewisse Zeit nicht im Parlament war, ist es schwierig, wieder wahrgenommen zu werden. Aber unterschätzen Sie die Hamburger FDP nicht.

sueddeutsche.de: Weil es mit der absoluten Mehrheit oder einer Koalition mit der FDP knapp wird, haben Sie über eine andere Konstellation laut nachgedacht: Schwarz-Grün.

Beust: Das waren rein rechnerische Überlegungen auf einer internen Sitzung des CDU-Bundesvorstands, mehr nicht. Ich kämpfe für klare Verhältnisse und eine eindeutige Mehrheit für die CDU.

sueddeutsche.de: Aber es wäre doch wichtig für die Wähler, vor der Wahl offen über die Bündnisse zu sprechen, die Sie eingehen würden.

Beust: Nein. Wenn Sie offen über solche Optionen nachdenken, heißt es sofort: Der glaubt nicht mehr an den Sieg. Da ich fest an den Sieg glaube, besteht auch kein Grund, Irritationen auszulösen.

sueddeutsche.de: Irritationen hat auch ihre Ankündigung ausgelöst, im Falle einer Niederlage künftig ganz von der Politik zu lassen.

Beust: Ja, das habe ich gesagt, und so ist es auch.

sueddeutsche.de: Es ist Ihnen als Amtsmüdigkeit ausgelegt worden.

Beust: Das ist doch am Rande des Makabren. Ich habe das gesagt, weil mir das Amt als Hamburger Bürgermeister so sehr am Herzen liegt, dass ich nur dieses Amt anstrebe, sonst keines. Einem Politiker, der von sich sagt, er möchte sein ganzes Leben nur Politiker sein, egal in welcher Position, dem würde ich zutiefst misstrauen. Mir geht es konkret um diese Aufgabe in Hamburg.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Roland Koch nicht im Hamburger Wahlkampf mitmischen wird und was Ole von Beusts Bild von Hamburg ist.

"Gegen eine Dämonisierung der Linken"

Interview mit Ole von Beust: Will weiter Erster Bürgermeister sein oder von der Politik lassen: Ole von Beust

Will weiter Erster Bürgermeister sein oder von der Politik lassen: Ole von Beust

(Foto: Foto: Getty)

sueddeutsche.de: Wo fängt die Niederlage für Sie an?

Beust: Wie gesagt: Das Hamburger Bürgermeisteramt ist das schönste, was es für mich gibt. Ich strebe nur das an und kein anderes. Wenn die parlamentarische Mehrheit mir erlaubt, weiter dieses Amt auszuüben, freue ich mich.

sueddeutsche.de: Wäre ein Minus in der Größenordnung von zwölf Prozentpunkten, so wie es Kochs CDU hinnehmen musste, auch ein Grund, von der Politik zu lassen?

Beust: Das ist eine absolut hypothetische Frage, die sich nicht stellt. Trübe Gedanken trüben die Erfolgschancen. Wenn Sie einen favorisierten Sprinter kurz vor den Olympischen Spielen fragen, was er macht, wenn er Vierter wird, wird seine Antwort lauten: Ich trainiere, um Gold zu gewinnen.

sueddeutsche.de: Würden Sie für eine Große Koalition als Bürgermeister zur Verfügung stehen?

Beust: Ich kämpfe für eine eigene CDU-Mehrheit, Punkt.

sueddeutsche.de: Während Ihr Herausforderer von der SPD, Michael Naumann, schon lange auf den Straßen präsent ist, lassen Sie sich als Bürgermeister Zeit. Wann startet bei Ihnen der Wahlkampf so richtig?

Beust: Wir haben massiv losgelegt! Unsere Planung hat zwei Phasen: Einmal aus dem Bürgermeisteramt heraus starke persönliche Präsenz zu zeigen. Und dann die vier Wochen vor dem Urnengang massiv Wahlkampf zu machen.

sueddeutsche.de: Welche prominenten Parteifreunde werden Ihnen helfen?

Beust: Einige! Die Kanzlerin kommt mehrmals, ebenso Frau von der Leyen, die Herren Schäuble, Wulff und Carstensen ...

sueddeutsche.de: Und Roland Koch?

Beust: Er nicht. Schließlich ist er mit der Regierungsbildung beschäftigt.

sueddeutsche.de: Christian Wulff auch.

Beust: (lacht) Aber der fährt nicht so lange wie Koch nach Hamburg. Spaß beiseite: Carstensen und Wulff sind Norddeutsche, das ist der Grund. Unsere Termine sind also gut besetzt, die Plakatierung ist in vollem Gange, inzwischen sind wir vermutlich präsenter als die SPD.

sueddeutsche.de: Was ist das Bild von Hamburg, das Sie verkörpern und darstellen wollen?

Beust: Hamburg ist eine wirtschaftlich starke und extrem erfolgreiche Stadt, die den ökonomischen Erfolg auch dafür nutzt, soziale Verwerfungen Stück für Stück auszugleichen - allerdings ohne Haushaltsrisiken und ohne Pump. Eine Stadt, die immer mehr Touristen besuchen und die von Menschen bewohnt wird, die viele Probleme mit Bürgersinn und in Eigeninitiative anpacken, statt dem Staat die Lösung alleine zu überlassen.

sueddeutsche.de: Ihr Kontrahent Naumann hält es dagegen mit dem brechtschen Motto: Die im Dunklen sieht man nicht. Tut Ihr Senat nicht genug für sozial Schwache?

Beust: Man macht die im Dunklen nicht sichtbarer, indem man Ihnen aus Wahlkampftaktik ein Kainsmal aufdrückt. Die SPD stigmatisiert ganze Viertel zu Problemzonen, davon halte ich überhaupt nichts. Wir geben sehr viel Geld aus für aktive soziale Stadtentwicklung. Und die sozialen Probleme sind doch nicht entstanden in den sechs Jahren unserer Regierung - sondern in den siebziger, achtziger, neunziger Jahren.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Ole von Beust damit meinte, als er über seinen SPD-Herausforderer Michael Naumann sagte: "Junge, du musst noch einiges lernen."

"Gegen eine Dämonisierung der Linken"

Interview mit Ole von Beust: Seit an Seit mit dem SPD-Herausforderer: Ole von Beust und Michael Naumann, bei der Landesbezirkskonferenz von Verdi Hamburg.

Seit an Seit mit dem SPD-Herausforderer: Ole von Beust und Michael Naumann, bei der Landesbezirkskonferenz von Verdi Hamburg.

(Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Aber die SPD verspricht, wesentlich mehr zu tun.

Beust: Zu glauben, auf Pump könnte man diese Probleme dauerhaft beseitigen, und eine Wahl gewinnen, indem man für jeden alles verspricht, halte ich für falsch. Das geht nicht gut. Und nebenbei: Es glaubt auch keiner.

sueddeutsche.de: Wie ist eigentlich Ihr persönliches Verhältnis zu Michael Naumann?

Beust: Ehrlich gesagt, ich kenne ihn kaum. Nach seiner Nominierung zum SPD-Spitzenkandidaten hat er sich vorgestellt, was ich sehr nett fand. Und vor ein paar Tagen traf ich ihn mit seiner Frau durch Zufall im Zug. Aber über Small Talk hinaus hatten wir noch kein vertieftes Gespräch.

sueddeutsche.de: Sie haben, an Michael Naumann gerichtet, öffentlich den Satz gesagt: "Junge, du musst noch einiges lernen." Was muss er denn noch lernen?

Beust: Wie man mit Geld umgeht, wie man verantwortlich führt. Auch ein Spitzenkandidat der Opposition sollte der Versuchung widerstehen, allen alles zu versprechen. Der sagt, hier, für die Kultur, mal 50 Millionen Euro, für Wilhelmsburg ein Ortsamt, er will neue Stadtwerke bauen und so weiter und so fort. Wenn Sie das zusammenzählen, kommen Sie auf ein Milliarden Euro schweres Paket von Wahlversprechen. Das ist völlig absurd.

Da muss man entweder die Gebühren und Steuern gewaltig in die Höhe treiben oder die Verschuldung. Verantwortung bedeutet auch, in Schicksalsdingen Farbe zu bekennen. Oder Sie nehmen das Thema Fahrrinnenanpassung der Elbe ...

sueddeutsche.de: ... Sie meinen, die Vertiefung der Fahrrinne für große Containerschiffe. Weil Sie Folgen für dieses Vorhaben fürchten, macht ihr Senat nicht mit bei der Anmeldung für das Wattenmeer als Weltnaturerbe bei der Unesco.

Beust: Das ist eine Schicksalsfrage für Hamburg. Wir brauchen diese Fahrrinnenanpassung. Und da wackelt der Herr Naumann, weil die SPD und ihr Umweltminister Sigmar Gabriel das Wattenmeer für das Weltnaturerbe anmelden wollen. Naumann hat nun gesagt, er sei wegen der Hamburger Interessen auch gegen die Anmeldung. An und für sich eine vernünftige Haltung. Aber als er dann darauf angesprochen wird, will er darüber nicht reden. Es sei nur eine interne Äußerung gewesen. So kann man eine Stadt nicht führen.

sueddeutsche.de: Ihr Kurs in Sachen Weltnaturerbe fördert auch nicht gerade das Image des CDU-Senats. Erst war Hamburg lange dafür, die Aufnahme der Wattenmeer-Nationalparks in diese vornehme Liste der Unesco zu beantragen. Jetzt haben Sie im letzten Moment gebremst. Und nicht nur die Umweltschützer, auch ihre Nachbarländer sagen, dass die von Ihnen geplante Vertiefung der Elbe nicht gefährdet wäre, wenn das Wattenmeer als Weltnaturerbe eingetragen würde. Daran sei schon beim Antrag gedacht worden.

Beust: Das können wir eben gerade nicht ausschließen und ich gehe kein Restrisiko zulasten der Arbeitsplätze im Hafen ein. Und es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn die Fahrrinnenanpassung der Elbe an einer leichtfertigen Anmeldung des Wattenmeers gescheitert wäre. Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Hamburger fragen, wird die große Mehrheit Ihnen sagen: Der Senat hat damit recht.

sueddeutsche.de: Also wollen Sie das Wattenmeer nicht zum Weltnaturerbe erklären lassen?

Beust: Es kommt auf den Zeitpunkt an. Ein starker Hamburger Hafen als Jobmotor ist mir wichtiger als eine sofortige Anmeldung zum Weltnaturerbe. Das kann man doch auch in eineinhalb Jahren machen, wenn die Fahrrinnenanpassung durch ist. Dann wird es nämlich immer noch gehen. Eine Deadline ist schlichtweg falsch.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Ole von Beust eine "Dämonisierung der Linken" für kontraproduktiv hält.

"Gegen eine Dämonisierung der Linken"

Interview mit Ole von Beust: Will am 24. Februar die absolute Mehrheit der CDU in Hamburg verteidigen: Bürgermeister Ole von Beust

Will am 24. Februar die absolute Mehrheit der CDU in Hamburg verteidigen: Bürgermeister Ole von Beust

(Foto: Foto: Das Gupta)

sueddeutsche.de: Im Wahlkampf wird Ihnen immer wieder vorgeworfen, Sie würden sich zu oft aus der Politik zurückziehen, Sie seien auch gar nicht genug in der Stadt. Wie lebt es sich mit so einem Vorwurf?

Beust: Wenn Sie Ihr eigenes Glücksgefühl davon abhängig machen, was manche Leute bösartig über Sie sagen, dann werden Sie ein sehr unfrohes Leben führen.

sueddeutsche.de: Wird es ein TV-Duell zwischen Ihnen und Naumann geben?

Beust: Wir haben den Sozialdemokraten vier Termine angeboten, unter anderem den Sonntag und Montag vor der Wahl. Die müssen nur noch ja sagen, es liegt nicht an mir.

sueddeutsche.de: Die Linkspartei kann auch in Hamburg mit einem Einzug in die Bürgerschaft rechnen. In Hessen und Niedersachsen hat auch die CDU Wähler an die Linkspartei verloren. Ist es auch Ihre Aufgabe, im Wahlkampf etwas gegen die Linkspartei zu tun?

Beust: Die Frage ist, wie. Ich glaube, die Wählerschaft der Linkspartei speist sich aus zwei Quellen. Einmal handelt es sich um wackere Alt- und Neu-Kommunisten, die man nicht überzeugen kann - aber das ist ja auch ihr gutes Recht, schließlich leben wir in einem freien Land. Der größere Anteil aber sind Protestwähler. Dort wählten die Leute teilweise früher DVU und heute die Linke. Protestwähler kann man am besten binden, indem es wenig Grund zum Protest gibt.

sueddeutsche.de: Also wie werden Sie mit ihr umgehen?

Beust: Ich halte nichts von einer Dämonisierung der Linken, sie ist kontraproduktiv. Je mehr sie zeigen, wie sehr es sie verletzt, wenn man die Linke wählt, desto mehr Protestwähler werden der Linkspartei ihre Stimme geben. Die Dämonisierten taugen für den Protest besonders gut. Deshalb betrachte ich die SPD-Taktik mit Sorge, die genau in dieses Horn bläst.

sueddeutsche.de: Ihr Parteifreund Koch hat in Hessen massiv vor einem "Linksblock" unter Einbeziehung der "Kommunisten" gewarnt. War das demnach ein Fehler?

Beust: Der Hintergedanke war in diesem Fall doch eher, die eigenen Leute zu mobilisieren und nicht, Protestwähler zu binden. Aber ich kann Hessen nicht wirklich beurteilen, jedes Bundesland ist anders. In Hamburg würde es vermutlich auf Unverständnis stoßen, die rote Gefahr zu stark an die Wand zu malen. Ich brauche keine negative Polarisierung, weil sie im Positiven stark genug für mich ist.

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