Gipfel in Helsinki:"Putin dürfte klar sein, dass er hier gewonnen hat"

US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin haben sich in Helsinki getroffen.

US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin in Helsinki.

(Foto: REUTERS)

Was bleibt von dem Treffen zwischen Trump und Putin? Angela Stent von der Universität Georgetown erklärt, warum der US-Präsident keine neuen Anhänger gewonnen haben dürfte. Und warum die Nato aufatmen kann.

Interview von Johannes Kuhn

Mehrstündige Gespräche, kaum substanzielle Ergebnisse und eine bemerkenswerte Pressekonferenz danach: Nach dem Gipfel zwischen Donald Trump und Wladimir Putin rückt die Frage in den Mittelpunkt, was genau in Helsinki passiert ist. Die Professorin Angela Stent von der Georgetown University in Washington ist Expertin für die amerikanisch-russischen Beziehungen. Im Interview am Morgen ordnet sie das Treffen der beiden Präsidenten ein.

SZ: Wenn wir Inszenierung und Pressekonferenz einmal ausblenden: Was wird von diesem Treffen bleiben?

Angela Stent: Falls sich die Beziehungen tatsächlich normalisieren und beide Länder einen Kommunikationskanal einrichten, ist das ein politisches Signal: Aus amerikanischer Sicht ist die vierjährige Isolation Russlands nach der Krim-Annexion vorbei. Nicht für Europa, aber für Washington.

Was lässt sich nach der Pressekonferenz über die Ziele der beiden sagen?

Beide haben den Gipfel aus innenpolitischen Gründen gewollt. Putin dürfte klar sein, dass er hier gewonnen hat. Der US-Präsident trifft ihn und erweist ihm Respekt. Er behandelt ihn als Gleichgestellten. Putin hat sogar seine Botschaft untergebracht, dass Russland sich nicht in die US-Wahl eingemischt habe. Trump hat dem mehr oder weniger zugestimmt. Der russische Präsident zeigt seinem Publikum daheim, dass er wieder ein respektierter globaler Anführer ist - und dem Rest der Welt, dass er nicht mehr isoliert ist.

Und Trump?

Trump geht es um seine Basis daheim, er befindet sich im Krieg mit seinen Sicherheitsbehörden, die Republikaner kritisieren die Ermittler des FBI. Er hat sicherlich niemanden überzeugt, der nicht schon zu seiner Basis gehört.

Wie schon beim Kim-Gipfel konnte man den Eindruck bekommen, dass Inszenierung und Symbolik fast alles andere verdrängen. Trügt das?

Symbolik ist immer wichtig, aber dieser Gipfel war überhastet anberaumt, gegen den Willen der meisten Trump-Berater. Es gab keine deliverables, also vorher getroffene Verabredungen, die verkündet werden konnten. Trump hat in einigen Punkten auch nicht viel Spielraum, Sanktionen kann er nicht ohne Zustimmung aus dem Kongress aufheben.

Eine Zusammenarbeit ist also unrealistisch?

Natürlich könnte sich noch etwas tun: Trump will keine US-Truppen in Syrien und Putin hat vielleicht Einfluss auf Iran, dort Kämpfer und die Hisbollah von der Grenze zu Israel und Jordanien abzuziehen. Oder die Verlängerung des auslaufenden Start-Vertrags über strategische Nuklearwaffen. Aber angesichts dessen, was in der Vergangenheit passiert ist, wäre ich skeptisch - im amerikanischen Regierungsapparat gibt es starke Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit Moskau.

Was bedeutet der Gipfel für Europa?

Für die Nato war es nicht das befürchtete Horrorszenario: Der US-Präsident hat weder die Krim als Teil Russlands anerkannt, noch die amerikanische Teilnahme an den anstehenden Nato-Übungen im Baltikum abgesagt oder die G 7 noch mal aufgefordert, Putin wieder einzuladen. Selbst bei der Gaspipeline Nord Stream 2 klang er anders als neulich, als er Merkel beschimpft hat. Nun sagt er, dass eben jedes Land seine eigenen ökonomischen Interessen verfolge.

Was ist mit der Wahrnehmung, dass sich die USA von Westeuropa Richtung Russland entfernen?

Da ist definitiv etwas dran, aber man muss zwischen Trump und der amerikanischen Regierung als Ganzes, inklusive Kabinett und Regierungsapparat, unterscheiden. Das gilt auch für das Verhältnis zu Russland. Außenministerium und Verteidigungsministerium sind sicher weiter in Richtung Nato und Europa orientiert. Die strategische Verschiebung besteht darin, dass der amerikanische Präsident wieder mit Moskau Umgang pflegen will, während Putin seine Haltung in wichtigen Fragen wie dem Ukraine-Konflikt überhaupt nicht geändert hat.

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