Internetkontrolle:Ein Hase-und-Igel-Spiel

Innenminister Schäuble will im Kampf gegen den Terrorismus das Internet schärfer kontrollieren. Dafür fehlen bisher die Fachkräfte. Doch selbst mit mehr Beamten wäre eine intensive Ermittlung im Netz unzureichend sein.

Christopher Stolzenberg

Die versuchten Bombenanschläge auf deutsche Regionalzüge haben die Sicherheitsdebatte in der Republik angefacht. Der oberste Ordnungshüter, Bundesinnenminister Schäuble, hat sich mit dem Vorschlag, das Internet verschärft zu kontrollieren, in die Diskussion eingeschaltet: "Wir müssen die Mittel der präventiven Beobachtung - etwa durch den Verfassungsschutz - verfeinern und verstärken."

Internetkontrolle: Mehr Beamte mit arabischen Sprachkenntnissen fordert Wolfgang Schäuble (CDU).

Mehr Beamte mit arabischen Sprachkenntnissen fordert Wolfgang Schäuble (CDU).

(Foto: Foto: AFP)

Das Internet habe sich zu einem wichtigen Faktor des islamistischen Terrorismus entwickelt, heißt es aus dem Innenministerium. Zur Frühaufklärung sei daher eine intensive Beobachtung und Auswertung des Internet erforderlich. "Dafür brauchen wir mehr Experten mit entsprechenden Sprachkenntnissen", sagte der CDU-Politiker.

"Die Polizei darf nicht alles, was man ihr zutraut"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt das Vorhaben Schäubles. "Derzeit gibt es bei der Polizei nur Einzelpersonen, die über die entsprechende Qualifikationen verfügen", sagte Freiberg.

Mehr Beamte für die Terrorabwehr ist die eine Seite, auf der anderen steht eine Gesetzeslage, die der Polizei wenig eigenmächtigen Spielraum lässt. "Die Polizei darf nicht alles, was man ihr zutraut", bringt es Rüdiger Holecek von der GdP auf den Punkt. Zahlreiche Gremien kontrollieren die Arbeit von Polizei und Geheimdiensten. Wie sieht unter solchen Umständen die Kontrolle des Internets durch die Behörden aus?

Dagegen sagt der Sprecher des Bundesverfassungsschutzes, Oliver Müller-Fuhrmanns sueddeutsche.de, das Internet zu kontrollieren, sei "ein Hase-und-Igel-Spiel." Immer wenn die Betreiber einer verdächtigen Seite die Beobachtung ihrer Tätigkeit bemerkten oder wenn sie in rechtliche Schwierigkeiten kämen und eine Schließung der Homepage drohe, dann tauche ihr Inhalt an anderer Stelle wieder auf oder werde schlicht in einem anderen Land unterhalten. Die kriminalistische Ermittlung im Netz, ein mühsames Unterfangen.

"Der größte Teil unserer Arbeit ist offene Recherche," so Müller-Fuhrmanns über die Arbeit des Verfassungsschutzes. Viele der verdächtigen Gruppen kommunizieren öffentlich in Blogs und auf Homepages und verbreiten dort ihre Ideologien. Daher reiche das bloße Surfen im Internet durch Beamte mit geschultem Blick fürs Kriminelle und Sprachkenntnissen aus. Und eben deren Zahl gelte es zu erhöhen.

E-Mail-Zugriff nur auf richterliche Verfügung

Aktionen jedoch, die über das gezielte Surfen im Netz hinaus gingen, fänden ihre Grenzen in der Gesetzgebung, sagt Müller-Fuhrmanns. So sei es etwa nicht einfach möglich, private Emails von kostenlosen Account-Anbietern zu verlangen. "Wie schwer das für uns ist, zeigt sich, wenn wir die Situation mit der Abfrage von Daten von Handybetreibern vergleichen", sagt Müller-Fuhrmanns.

Diese Daten müssen von den Unternehmen nur eine Zeit lang aufgehoben werden und können erst unter bestimmten Umständen freigegeben werden. Der rechtliche Schutz des Grundgesetzartikels zum Fernmeldegeheimnis sei eben sehr hoch aufgehängt. "Und das ist ja auch gut so."

"Nur bei richterlicher Verfügung können wir auf bestimmte Accounts zugreifen", sagt Marc Kast von GMX. Für den Fall des Falles müsse der Email-Account-Anbieter die entsprechende Technik einrichten. Bei einer Abfrage würden aber keine Emails sichtbar, sondern nur die Nutzerdaten der Kunden. Eine Quelle, die in den letzten Jahren von den Behörden nur selten verwandt wurde.

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