Internet:Hacker-Netzwerk droht dem IS

Die Hacker-Gruppe Anonymous will die Terrormiliz in den sozialen Medien attackieren und Mitglieder identifizieren.

Von A. Gruber und H. Tanriverdi, Hamburg/New York

Das Hacker-Netzwerk Anonymous hat der Miliz Islamischer Staat (IS) nach der Terrorserie in Paris den virtuellen Krieg erklärt. "Wir werden die wichtigste Operation gegen euch starten, die je geführt wurde", hieß es in einem am Samstag veröffentlichten Video.

Die Hacker von Anonymous präsentieren sich als Kämpfer für Informationsfreiheit und Menschenrechte. Die Gruppe attackierte auch schon Scientology und den Ku-Klux-Klan. Schon nach der Charlie Hebdo-Attacke hatte Anonymous gegen den IS mobil gemacht und Tausende Social-Media-Konten angegriffen. Anti-IS-Hacker veröffentlichten dazu lange Listen von Twitter-Accounts, die angeblich dem IS zuzurechnen sind. Neben etwa 100 000 Twitter-Konten sollen 149 IS-nahe Propagandawebseiten stillgelegt worden sein, berichtet das US-Magazin Foreign Policy.

Wie ernst die aktuelle Ankündigung zu nehmen ist, ist schwer zu sagen. Anonymous ist ein dezentral organisiertes Kollektiv und schwer zu greifen. Verbindungen zwischen Mitgliedern sind lose, nur für bestimmte Aktionen tun sie sich zusammen. Das Netzwerk ist vor allem für sogenannte DDoS-Angriffe bekannt: Webseiten werden dabei so oft aufgerufen, dass Anfragen von Nutzern nicht mehr verarbeitet werden können; so werden die Seiten lahmgelegt. Doch mittlerweile gehen die Techniken weiter: Ein Hacker-Kollektiv namens @GhostsecGroup behauptet, es habe im vergangenen Sommer einen Terroranschlag in Tunesien verhindert. Eigenen Angaben zufolge haben die Hacker Twitter-Accounts einiger IS-Anhänger übernommen und so die IP-Adressen der Inhaber sowie die Inhaber selbst identifiziert. Diese Informationen sollen Ghostsec zufolge mitverantwortlich dafür gewesen sein, dass ein geplanter Anschlag verhindert wurde. Ein Mittelsmann mit Kontakten zum FBI bestätigte der SZ, die Informationen erhalten und weitergereicht zu haben. Allerdings bleibt unklar, welchen Einfluss die Informationen auf die Ermittlungen hatten. Ein FBI-Sprecher hat Anfragen von Foreign Policy, ob die Informationen hilfreich gewesen seien, weder bestätigt noch dementiert. Auch aktuell sind wieder Listen mit vermuteten IS-Twitterkonten auf der anonymen Publikationsplattform Pastebin aufgetaucht, auf der Anonymous gerne veröffentlicht. Twitter selbst kommt mit der Sperrung der Accounts, deren Namen ständig wechseln, kaum hinterher.

Für den IS sind soziale Medien das wichtigste Propaganda- und Rekrutierungsmittel. Neben Facebook und Twitter nutzt er auch neue Kanäle wie die Messaging-App Telegram. Über Telegram reagierte der IS auch auf die Drohung von Anonymous, berichtet Business Insider: Die Hacker seien "Idioten" und könnten nicht mehr, als ein paar Social-Media-Konten hacken. Zugleich habe der IS seine Anhänger daran erinnert, häufig ihre IP-Adressen zu wechseln.

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