Internationale Allianz gegen IS:Kriegsherr Assad kehrt zurück

Internationale Allianz gegen IS: Bald könnte die Isolation für sie vorbei sein: Soldaten der syrischen Armee mit einem Poster ihres Präsidenten al-Assad.

Bald könnte die Isolation für sie vorbei sein: Soldaten der syrischen Armee mit einem Poster ihres Präsidenten al-Assad.

(Foto: AFP)

Die USA suchen nach Verbündeten im Kampf gegen den Terror des "Islamischen Staats". Angeblich wollen sie nun mit Syriens Präsident al-Assad ins Gespräch kommen. Politisch klingt das anstößig, doch militärisch ergibt es Sinn.

Von Tomas Avenarius, Kairo

Iraks Staatschef Fuad Masum hat es auf den Punkt gebracht: "Die Doktrin des Islamischen Staats ist simpel. Entweder ihr unterstützt uns oder wir töten euch." Da konnten alle, die zur Anti-Terrorkonferenz zusammengekommen waren, nur betroffen auf ihre Schuhspitzen blicken. Die Außenminister der USA, Russlands, Chinas, die der Europäer und arabischer Staaten wie Saudi-Arabien und Katar hatten auch nur eine einzige Botschaft in Paris: Der Islamische Staat (IS) muss bekämpft, das syrisch-irakische Kalifat vernichtet werden.

Offen blieb, wie und mit wem das zu leisten ist. Denn die Chefdiplomaten der beiden Staaten, die am wirksamsten gegen die IS-Milizen vorgehen könnten, fehlten. Der syrische und der iranische Außenminister waren nicht eingeladen, sich einem gemeinsamen Vorgehen anzuschließen. Vor allem die Saudis hatten sich gegen eine Einladung ausgesprochen.

Politisch anstößig, militärisch sinnvoll

Wegen der wachsenden Bedrohung durch den Kalifat-Staat könnte die Isolation der beiden "Schurkenstaaten" nun aber bald enden. Angeblich lotet Washington bereits aus, mit dem international verfemten Präsidenten Syriens wieder ins Gespräch zu kommen. Das hieße: Der IS könnte den brutalen syrischen Bürgerkriegsherren Baschar al-Assad wieder salonfähig machen. Direkte Gespräche sind derzeit noch undenkbar, Assad ist zusammen mit den sunnitischen Rebellen, zu denen auch der IS zählt, für einen dreijährigen Bürgerkrieg mit fast 200 000 Toten verantwortlich.

Aber es gibt offenbar Kontakt über Drittstaaten: Die syrische Zeitung Al-Watan berichtete unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten westlichen Diplomaten, die USA seien schon über mögliche Vermittler wie Deutschland, Russland oder den Irak mit Assad in Kontakt. Auch die Geheimdienste kooperierten bereits. Dementis der USA seien "lächerlich", zitiert das regimetreue syrische Blatt den Diplomaten. Westliche Geheimdienste hätten der syrischen Luftwaffe Informationen gegeben, aufgrund derer ein Geheimtreffen mehrerer IS-Führer sowie große Waffenlager der Islamistenmiliz bombardiert wurden.

Politisch klingt das anstößig, militärisch ergibt es Sinn. Der Osten Syriens ist die Hochburg des Kalifat-Staats. Zentrum ist die Stadt Rakka, im Norden des Landes sind die IS-Milizen mindestens so stark wie im Irak. Die Islamisten in Rakka zu bombardieren, ist für Washington völkerrechtlich gesehen aber schwieriger als der Einsatz der Luftwaffe über dem Irak. Bagdad hatte Washington um Hilfe gebeten, die US-Piloten fliegen mit Genehmigung der irakischen Führung.

Assad kann sich rehabilitieren

In Syrien ist das anders. Präsident Assad hat erkennen lassen, dass er den Einsatz der US-Jets begrüßen würde, solange sie seinen gefährlichsten Gegner angreifen. Aber er stellt Bedingungen: Damaskus müsse über Einsatzpläne informiert werden, die Geheimdienste beider Staaten müssten zusammenarbeiten. Russland als Mitglied des UN-Sicherheitsrats und Assads Verbündeter hat sofort mitgeteilt, dass Luftangriffe ohne Erlaubnis aus Damaskus "eine Aggression" gegen einen souveränen Staat wären.

An der Seite der Assad-Soldaten stehen weitere Verfemte

Ohne die Einwilligung des syrischen Regimes können die USA und ihre buntscheckige Koalition der Willigen also schwer gegen den IS vorgehen. Die Genehmigung Assads kann US-Präsident Barack Obama aber kaum erbitten. Schließlich hatte er nach dem Einsatz von Giftgas durch die syrische Armee im August 2013 gedroht, die strategischen Einrichtungen des Regimes anzugreifen und so die Anti-Assad-Rebellen in Richtung Sieg zu bomben.

Zu den angedrohten Luftschlägen kam es aber nie. Assad hatte die "rote Linie" mit den Giftgaseinsätzen ungestraft überschreiten und politischen Gewinn daraus ziehen können. Er willigte im Herbst 2013 ein, seine Giftgasbestände zu vernichten, was er heute weitgehend erfüllt haben soll und seinem Ruf als unliebsamem, aber zuverlässigem Partner dient.

Mit dem Kampf gegen den IS scheint sich eine noch bessere Möglichkeit zur Rehabilitierung Assads zu eröffnen. Ohne oder gar gegen das Regime und seine Armee lässt sich der IS schwer bekämpfen, Luftangriffe allein werden zum Sieg kaum ausreichen. Eigene Bodentruppen wollen weder die Amerikaner noch die Briten, Franzosen, Saudis oder Emiratis schicken: Die syrische Armee und die mit ihr verbündeten Milizen wären ideale Partner.

An der Seite der Assad-Soldaten stehen allerdings noch andere Verfemte: Die libanesische Hisbollah-Miliz, die in den USA als Terrororganisation gilt, hat Tausende Kämpfer nach Syrien geschickt. Sie stellen die Eliteeinheiten bei Häuserkämpfen in den zerstörten Städten Syriens. Beraten und trainiert werden Assads Truppen zudem von den Iranern. Offiziere der Al-Quds-Elitetruppe sollen auch aktiv an den Kämpfen teilnehmen. Irans graue Geheimdienst-Eminenz, der frühere Al-Quds-Kommandeur Kassem Soleimani, soll die Einsätze im Irak und in Syrien leiten.

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