Integration von Flüchtlingen:Lange Asylverfahren erschweren Jobsuche

Integration von Flüchtlingen: Asylbewerber in der unfunktionierten Turnhalle des Gymnasiums im oberbayerischen Vaterstetten.

Asylbewerber in der unfunktionierten Turnhalle des Gymnasiums im oberbayerischen Vaterstetten.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)
  • Deutschland ist einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge EU-weit Schlusslicht bei der Bearbeitung von Asylanträgen.
  • Die lange Dauer der Asylverfahren erschwert Flüchtlingen demnach die Integration in den Arbeitsmarkt erheblich - denn während der Wartezeit bleibe der Weg in den Job meist versperrt.

Lange Asylverfahren - schwierig für die Jobsuche

Die lange Ungewissheit beim Asylverfahren verhindert einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge die schnelle Eingliederung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zwar habe die Bundesregierung die Residenzpflicht und das Arbeitsverbot für Asylbewerber auf drei Monate verkürzt, während der Wartezeit aber bleibe Flüchtlingen - von denen immerhin zwei Drittel im erwerbsfähigen Alter seien - der Weg in den Job de facto meist versperrt.

Arbeitgebern sei die Unsicherheit zu hoch, stellt Studienautor Professor Dietrich Thränhardt in der am Dienstag veröffentlichen Untersuchung fest.

Hunderttausende offene Asylanträge

Die Studie beklagt, dass Deutschland bei der Bearbeitung von Asylanträgen anderen europäischen Ländern hinterhinkt. In keinem anderen EU-Land sei der Stau so lang. Bis Ende Februar 2015 sei die Zahl der offenen Anträge auf 243 820 angewachsen. "Asylbewerber und Kommunen bleiben zu lange im Ungewissen", sagt Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann-Stiftung.

Im Schnitt dauere das Verfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 7,1 Monate. Für Flüchtlinge aus bestimmten Ländern falle die Wartezeit aber deutlich länger aus: Eritreer mit einer hohen Quote bei der Anerkennung warteten schon im dritten Quartal 2014 im Durchschnitt 10,1 Monate, Afghanen 16,5 Monate und Pakistaner sogar 17,6 Monate.

Mehrheit der Deutschen für schnelle Integration

Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet eine schnellere Aufnahme von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt. Laut Studie sprechen sich 84 Prozent der Bundesbürger dafür aus. Bei einer von TNS Emnid erstellten Umfrage äußerten 40 Prozent der Befragten allerdings die Meinung, dass Deutschland bereits jetzt an seine Belastungsgrenze bei der Aufnahme von Flüchtlinge stoße.

"Die Aufnahme von Flüchtlingen ist eine wichtige humanitäre Aufgabe", sagt Dräger. "Je erfolgreicher und schneller die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt, desto eher können Bedenken entkräftet werden."

Geforderte Verbesserungen

Die Studie empfiehlt der Politik ein ganzes Maßnahmenbündel, um die Integration zu beschleunigen:

  • Am wichtigsten ist demnach, den Bearbeitungsstau bei den Asylverfahren aufzuheben. Dafür sei mehr Personal nötig, aber auch eine bessere Qualität der Entscheidungsverfahren - so seien 13 Prozent aller Bescheide 2013 von Gerichten korrigiert worden.
  • Gefordert wird zudem, dass Asylbewerber bereits während der Wartezeit Deutsch lernen können. Der Studie zufolge ist das bislang nur in fünf Bundesländern möglich.
  • Ausbildungsstand, Arbeitserfahrung und Berufsperspektiven der Asylbewerber sollten erfasst und an die Bundesanstalt für Arbeit weitergereicht werden. So könne spätestens nach drei Monaten die aktive Arbeitsvermittlung starten, heißt es in der Studie.
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